Polen fordert tausende Migranten per SMS zur Umkehr nach Minsk auf
Das Wichtigste in Kürze
- Behörden warnen vor Lebensgefahr an der belarussischen Grenze.
Wie das Innenministerium mitteilte, versandte es allein am Dienstag fast 31.000 Kurznachrichten an ausländische Telefonnummern im Grenzgebiet. In der englischen Mitteilung stand: «Die polnische Grenze ist dicht. Die BLR (belarussischen) Behörden haben euch Lügen erzählt. Geht zurück nach Minsk!»
Die Nachrichten enthielten zudem einen Link zu einer Website, die Migranten in fünf Sprachen davor warnte, dass illegale Grenzübertritte im Gefängnis enden könnten. Es hiess zudem, die sich verschlechternden Wetterbedingungen könnten für «Leben und Gesundheit» gefährlich sein. «Jeder Versuch, sich zu verstecken und im Freien zu schlafen, kann tragisch enden», warnten die Behörden, nachdem bereits sechs Migranten an der EU-Grenze zu Belarus ums Leben gekommen sind.
Polen hat in den vergangenen Wochen tausende Soldaten an der Grenze stationiert, einen Stacheldrahtzaun errichtet und einen Ausnahmezustand verhängt, der Journalisten und Hilfsorganisationen den Zugang zur gesamten 400 Kilometer langen Grenze verbietet. Das Innenministerium empfahl am Montag, den Ausnahmezustand um 60 Tage zu verlängern, da viele der Migranten, die die Grenze überschreiten, Verbindungen zu «radikalen oder kriminellen Gruppen» hätten.
Menschenrechtsorganisationen haben wiederum vor einer humanitären Krise an der Grenze gewarnt, falls die dort feststeckenden Migranten keinen Zugang zu Nahrung, Unterkunft und medizinischer Versorgung bekommen.
Seit Anfang August sind Regierungsangaben zufolge 8200 Migranten an der Einreise nach Polen gehindert worden und 1200 nach der Grenzüberquerung in Gewahrsam genommen worden. Polnische Grenzschützer erklärten zudem, sie hätten am Dienstag 473 Überquerungsversuche vereitelt - ein Rekord für einen einzigen Tag.
Polen sowie Litauen und Lettland beklagen seit einigen Monaten die vermehrte Ankunft von Migranten vor allem aus dem Nahen Osten an ihren Grenzen zu Belarus. Die EU geht von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Es wird vermutet, dass die belarussischen Behörden die Migranten gezielt ins Land holen und an die Grenzen zu den östlichen EU-Staaten schleusen.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will wegen der Flüchtlingskrise am Donnerstag nach Warschau reisen, um mit dem polnischen Innenminister Mariusz Kaminski über eine geplante Verschärfung des Asylrechts zu sprechen. Laut dem geplanten Gesetz müssten die Behörden die Asylanträge von Flüchtlingen nicht prüfen, wenn diese «unmittelbar nach dem illegalen Überschreiten der EU-Aussengrenze festgenommen» wurden. Die Kommission habe dazu «mehrere Fragezeichen», sagte Johansson am Mittwoch.