Schweiz-Türken stürmen die Wahllokale: «Wir haben genug von Erdogan»
Das Wichtigste in Kürze
- Am 24. Juni wird in der Türkei gewählt.
- Die knapp 100'000 stimmberechtigten Türken in der Schweiz können bereits heute wählen.
Heute in einer Woche, am 24. Juni, wird in der Türkei gewählt. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erhofft sich von den vorgezogenen Neuwahlen vor allem eines: Den Wechsel in ein Präsidialsystem – das ihm als Präsidenten ungleich mehr Macht verschaffen würde – zu besiegeln.
«Wir wollen Demokratie»
Für die Wahl ist Erdogan auf jede Stimme angewiesen – auch auf jene der rund drei Millionen stimmberechtigten Auslandtürken. Davon leben in der Schweiz knapp 100'000. Bis am Dienstag können sie ihre Stimme entweder für Erdogans AKP-Partei, oder für die oppositionelle türkisch-kurdische HDP-Partei abgeben. «Wir wollen nicht wieder Erdogan – wir wollen Demokratie», sagt Ulash Demirdögen im Gespräch mit Nau. Er wünscht sich «Freiheit für Alle und kein Blutvergiessen mehr.»
Durmaz Nurdane ist extra von Basel angereist und hat fünf Stunden angestanden, um gegen Erdogan stimmen zu können. Ihre Botschaft ist klipp und klar: «Wir haben genug von ihm!» Sie wolle kein Kopftuch tragen, sie wolle Freiheit.
Wahllokale wurden im Generalkonsulat in Genf, in der türkischen Botschaft in Bern und in der Messe-Halle in Zürich eingerichtet. Damit dieses mit Abstand grösste Wahllokal seine Pforten während fünf Tagen offen halten kann, wurde die Messe-Halle extra während dieser Zeit gemietet.
Riesen-Ansturm in Zürich
Der Ansturm in Zürich ist riesig. Unter den Wählern sind sehr viele Kurden, deren Stimme in den Topf der HDP-Partei fallen wird. «Die Situation in der Türkei ist schlimm, darum kommen so viele Leute», erklärt Mehmet Emin Akin die Menschenmenge gegenüber Nau.
Bei den letzten Wahlen gingen von allen Stimmen aus der Schweiz rund 40 Prozent an Amtsinhaber Erdogan. Diesmal könnten es noch weniger sein. Denn die Opposition hat deren fünf Konkurrenten aufgestellt. Die Gegenkandidaten könnten Erdogan einige Stimmen kosten.
Angst vor Manipulation
Warum Demirdögen die lange Wartezeit auf sich nimmt? «Wir müssen etwas ändern – für unsere Kinder.» Er fürchtet, dass das Regime Erdogan mindestens drei Prozent der Gegenstimmen verschwinden lassen wird. «Also müssen wir mindestens fünf Prozent mehr haben».
Auch Nurdane sieht Manipulation hinter der Wahlorganisation: «Früher hatte man zwei Wochen Zeit zum Abstimmen. Aber sie wollen nicht, dass die Leute in der Schweiz abstimmen. Darum sind es jetzt nur noch fünf Tage.»