Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat den Gesetzentwurf für die Grundrente fertiggestellt - und erntet prompt scharfe Kritik vom Koalitionspartner.
Hubertus Heil
Hubertus Heil - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • CDU-General Ziemiak kritisiert «Luftbuchungen» - Heil setzt auf baldige Einigung.
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«Dieses Konzept wird so nie den Bundestag passieren», sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak; die Finanzierung bestehe «allein aus Luftbuchungen», monierte Unions-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg (CDU). Heil reagierte gelassen und mahnte zugleich, die Koalition dürfe die Bürger «nicht enttäuschen». Sozialverbände forderten eine schnelle Umsetzung.

Von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Grundrente sollen laut Heils Konzept ab 2021 rund drei Millionen Rentner profitieren, die trotz vieler Beitragsjahre nur geringe Rentenansprüche haben. Die neue Sozialleistung soll nach Vorstellung der SPD automatisch berechnet und ausgezahlt werden - ohne vorherige Bedürftigkeitsprüfung. Sie soll im Einführungsjahr 3,8 Milliarden und später 4,8 Milliarden Euro jährlich kosten.

Zur Finanzierung sieht Heils Konzept überwiegend Steuermittel vor. Unter anderem wollen Heil und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dazu die von Union und FDP 2010 eingeführte Mehrwertsteuerermässigung für Hotelübernachtungen wieder abschaffen. Auch Einnahmen aus der geplanten europäischen Finanztransaktionssteuer auf Wertpapiergeschäfte sollen verwendet werden.

CDU-Generalsekretär Ziemiak bezeichnete die Vorlage im ZDF-«Morgenmagazin» als «Wahlkampfmanöver» und forderte Heil auf, das Konzept zu überarbeiten. Die SPD plane mit «Luftbuchungen» und Steuereinnahmen, «die noch gar nicht da sind». Zugleich erneuerte Ziemiak die Unionsforderung nach einer Bedürftigkeitsprüfung.

Auch Unions-Haushälter Rehberg sprach von «Luftbuchungen» in der Finanzierung. «Kein Cent davon ist real vorhanden», erklärte er. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der SPD vor, sie gefährde das Projekt. «Mit unseriösen Finanzierungsvorschlägen und eindeutig gegen den Koalitionsvertrag gerichteten Modellen ohne Bedürfnisprüfung fährt die SPD das Thema Grundrente gegen die Wand», erklärte er.

Heil reagierte gelassen. «Erste Reaktionen von Menschen, die den Gesetzentwurf wahrscheinlich noch gar nicht gelesen haben, nehme ich mal zu Kenntnis», sagte er in Berlin. «Einiges mag auch der Europawahl geschuldet sein.» Er setze darauf, «dass wir in der Koalition jetzt miteinander vernünftig reden».

Der Sozialminister zeigte sich zuversichtlich, dass im Laufe des Sommers eine Einigung gelinge. «Es geht um den Kampf gegen Altersarmut, es geht um den Respekt vor der Lebensleistung von Menschen», betonte er. Mit seinem Entwurf sei «eine solide Finanzierung sichergestellt».

Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles ging zum Gegenangriff über. «Die Union muss sich klar werden, ob sie eine Grundrente will, die ihren Namen verdient, oder ob sie drei Millionen Leute, die 35 Jahre gearbeitet haben, zum Sozialamt schicken will», sagte sie der «Süddeutschen Zeitung» vom Donnerstag.

Während die FDP Heils Vorlage als «haarsträubend» bezeichnete, sieht die Linke zumindest einen «Schritt in die richtige Richtung». Für eine zügige Umsetzung plädierten mehrere Sozialverbände. Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, bezeichnete Heils Konzept als «konsequent und systemgerecht». Wer lange Jahre gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt habe, müsse im Alter mehr haben als die Grundsicherung. Ähnlich äusserten sich Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und des Sozialverbands Deutschland.

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