Studenten und Schüler in Belarus gehen gegen Lukaschenko auf die Strasse
In Belarus sind am Dienstag hunderte Studenten und Schüler gegen Präsident Alexander Lukaschenko auf die Strasse gegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Staatschef droht baltischen Staaten - UN-Experten besorgt über «Folter».
Als die Demonstranten versuchten, eine Menschenkette zu bilden, nahm die Polizei dutzende von ihnen fest. UN-Experten forderten, die «Folter» von Demonstranten in Belarus zu beenden und beteiligte Polizisten zu bestrafen. Lukaschenko drohte nach Sanktionen von Lettland, Litauen und Estland mit Gegenmassnahmen.
Die Schüler und Studenten zogen am Tag des Schul- und Universitätsbeginns durch die Hauptstadt Minsk. Sie skandierten «Faschisten» und «Das ist unsere Stadt». Beim Versuch eine Menschenkette zu bilden, wurden mehr als 40 Protestierende festgenommen, wie die Menschenrechtsgruppe Viasna mitteilte.
Die Behörden in Belarus gehen seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August teils brutal gegen friedliche Demonstranten vor, die Lukaschenko Wahlfälschung vorwerfen und Neuwahlen fordern.
An drei Wochenenden in Folge gingen allein in Minsk rund 100.000 Menschen auf die Strasse. Bei den Protesten wurden tausende Menschen festgenommen. Es gab drei Tote und hunderte Verletzte.
UN-Experten haben nach eigenen Angaben mittlerweile 450 Fälle von «Folter oder Misshandlung» von Demonstranten durch belarussische Behörden dokumentiert. «Wir sind äussert beunruhigt über hunderte Berichte von Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam», erklärten der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sowie 14 weitere Menschenrechtsexperten der UNO am Dienstag in Genf.
«Die Behörden in Belarus müssen alle Menschenrechtsverletzungen umgehend beenden und gegen die Straflosigkeit vorgehen», hiess es in der Erklärung, die auch von der UN-Sonderberichterstatterin zur Menschenrechtslage in Belarus, Anaïs Marin, unterzeichnet wurde. Niemand dürfe wegen der friedlichen Teilnahme an Demonstrationen strafrechtlich belangt werden.
Lukaschenko drohte am Dienstag nach Sanktionen der EU-Staaten Estland, Lettland und Litauen mit Gegenmassnahmen. Er wolle «das Problem mit wirtschaftlichen Mitteln lösen», sagte Lukaschenko bei einem Besuch in der Stadt Baranowitschi im Westen des Landes. Belarussische Güter könnten künftig über Russland verschifft werden statt über die Häfen der baltischen Staaten.
«Das wäre für uns natürlich ein kleiner Nachteil», sagte Lukaschenko. Mit Russland könne er sich aber «auf Preise einigen». Auch Russland hatte die baltischen Sanktionen gegen Lukaschenko und 29 andere Belarussen als «inakzeptabel» kritisiert.
Der Opposition warf Staatschef Lukaschenko vor, das Land «in Stücke» schneiden zu wollen. Wenn seine Kritiker an die Macht kämen, gebe es «ein Massaker».
Einen Vorschlag Lukaschenkos für eine mögliche Verfassungsreform lehnte die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja unterdessen ab. Sie warf dem Präsidenten vor, auf Zeit zu spielen. Reformen könne es erst nach «ehrlichen Wahlen» geben, schrieb sie beim Onlinedienst Telegram.
Am Freitag berät der UN-Sicherheitsrat erneut über die Lage in Belarus. An der öffentlichen Videokonferenz wird auch Tichanowskaja teilnehmen, wie Diplomaten mitteilten. Sicherheitsrats-Mitglieder wie China und Russland sind gegen eine Einmischung und bewerten die Proteste in Belarus als interne Angelegenheit.