Angesichts der Drohungen aus China vor dem Dienstag erwarteten Besuch der US-Spitzenpolitikerin, Nancy Pelosi, in Taipeh hat Taiwans Militär seine Kampfbereitschaft erhöht.
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit China wegen eines möglichen Taiwan-Besuchs setzt Nancy Pelosi ihre Asienreise fort. Foto: Fathin Suhaira Abd Rahim/BERNAMA/dpa
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit China wegen eines möglichen Taiwan-Besuchs setzt Nancy Pelosi ihre Asienreise fort. Foto: Fathin Suhaira Abd Rahim/BERNAMA/dpa - sda - Keystone/BERNAMA/Fathin Suhaira Abd Rahim

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses wurde nach Angaben aus dem Parlament in Taipeh am Abend Ortszeit in der demokratischen Inselrepublik erwartet.
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Es wäre der ranghöchste Besuch aus den USA seit einem Vierteljahrhundert im freiheitlichen Taiwan, das die Führung in Peking nur als Teil der Volksrepublik China ansieht.

Chinas Volksbefreiungsarmee erhöhte die Drohkulisse mit Manövern, Schiessübungen, Militärflugzeugen und Kriegsschiffen nahe Taiwan und der Sperrung von Seegebieten. Als Reaktion verschärfte Taiwans Militär am Dienstag seine Einsatzbereitschaft, wie die Nachrichtenagentur CNA berichtete. Es handele sich in dem zweistufigen Alarmsystem aber noch nicht um eine Einstufung für den «Ernstfall», sondern weiter um eine «normale Einsatzbereitschaft».

Mit der unangekündigten Visite würde sich Pelosi über die Warnungen aus Peking hinwegsetzen. Ein taiwanischer Abgeordneter bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass Pelosi im Rahmen ihrer Asienreise voraussichtlich am Dienstagabend aus Malaysia kommend in Taipeh eintreffen werde.

Lokale Medien erwarten Pelosi gegen 22.30 Uhr Ortszeit (16.30 Uhr MESZ). Um das Hotel, wo Pelosi möglicherweise übernachten dürfte, wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Am Mittwoch könnte es ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen geben.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat am Donnerstag vor dem Besuch gewarnt: «Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen.» Aus Sicht der chinesischen Führung gehört Taiwan zur Volksrepublik, obwohl es schon vor deren Gründung 1949 eigenständig regiert war. Die 23 Millionen Einwohner zählende Insel versteht sich auch schon lange als unabhängig. Unter Hinweis auf seine «Ein-China-Doktrin» lehnt Peking offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab.

Chinas Präsident sieht es als seine «historische» Mission an, die «Vereinigung» mit Taiwan zu erreichen und droht mit einer Eroberung. Der Machtanspruch auf die Insel geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik zurück, was die grosse Bedeutung für die Kommunistische Partei erklärt.

Am Ende des Bürgerkrieges gegen die Kommunisten war die nationalchinesische Kuomintang-Regierung mit ihren Truppen nach Taiwan geflüchtet, während die Kommunisten 1949 die Volksrepublik ausriefen. Die Insel hat wegen ihrer Lage an wirtschaftlich wichtigen Meeresstrassen geostrategische Bedeutung und wurde von US-Generälen früher auch gerne als «unsinkbarer Flugzeugträger» beschrieben.

Der Reiseplan Pelosis war nach US-Medienberichten noch in Bewegung, da das Pentagon alle Schritte der chinesischen Seite beobachte. Es werde «rund um die Uhr» daran gearbeitet, die Sicherheit der - nach dem Präsidenten und dessen Vize - Nummer Drei der USA zu gewährleisten, hiess es.

In Chinas Staatsmedien wurden militärische Reaktionen diskutiert, die von einer Begleitung von Pelosis Flugzeugs durch Chinas Luftwaffe und Manövern sogar bis zur Einrichtung einer Flugverbotszone um Taiwan oder Raketentests reichten.

Die Beziehungen zwischen China und den USA «stehen fast auf des Messers Schneide», schrieb die parteinahe Zeitung «Global Times». «Die Gegenmassnahmen, die das Oberkommando für Pelosis möglichen Taiwan-Besuch vorsieht, müssen um ein Vielfaches rigoroser und umfassender sein, als man es sich vorstellen kann. Chinas Warnung an die USA ist kein leeres Gerede.» Aussenamtssprecherin Hua Chunying warf den USA «Provokationen» vor und drohte mit «energischen und resoluten Massnahmen». Die USA würden «einen Preis zahlen».

Das Weisse Haus warnte Peking vor einer Eskalation. «Es gibt keinen Grund für Peking, einen möglichen Besuch, der im Einklang mit der langjährigen US-Politik steht, in eine Krise oder einen Konflikt zu verwandeln», sagte der Kommunikationsdirektor des Sicherheitsrats, John Kirby. Die USA würden sich nicht auf «Säbelrasseln» einlassen. «Gleichzeitig lassen wir uns aber auch nicht einschüchtern.»

Die Visite ändert nach seinen Angaben auch «nichts» an der China-Politik der USA. So unterhalten die USA keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, sondern betrachten Peking als legitimen Vertreter Chinas. Der Besuch der Demokratin wäre der höchste aus den USA seit der Visite ihres einstigen republikanischen Amtsvorgängers Newt Gingrich 1997. Damals, kurz vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China, fiel die chinesische Reaktion aber gemässigt aus, da Gingrich vorher Peking besucht hatte.

Die US-Spitzenpolitikerin werde in Taipeh voraussichtlich auch mit dem Vizepräsidenten des Parlaments, Tsai Chi-chang, und Abgeordneten des Legislativrates zusammentreffen, berichtete der taiwanische Parlamentarier der dpa. Parlamentschef Yu Shyi-kun sei verhindert, weil er nach einer Auslandsreise in Quarantäne sei.

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