Türkische Regierungspartei fordert Wiederholung von Kommunalwahl in Istanbul
Die türkische Regierungspartei AKP hat eine Wiederholung der Kommunalwahl in Istanbul gefordert, nachdem sie mit einem Antrag auf Neuauszählung aller Stimmen der Abstimmung vom 31. März gescheitert war.
Das Wichtigste in Kürze
- AKP hatte vergeblich komplette Neuauszählung verlangt.
«Wir wollen eine Wiederholung der Wahl in Istanbul», sagte der AKP-Vizevorsitzende Ali Ihsan Yavuz am Dienstag. Der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu rief die AKP dagegen zur Achtung der Demokratie auf.
AKP-Vize Yavuz sagte, seine Partei werde den Weg eines «ausserordentlichen Einspruchs» gehen und Neuwahlen in Istanbul beantragen. Yavuz hatte es zuvor als «unverständlich» kritisiert, dass die Hohe Wahlkommission (YSK) einen Antrag seiner Partei auf Neuauszählung aller Stimmen in Istanbul zurückgewiesen hatte. Er bestritt aber Medienberichte, wonach die AKP den Antrag auf Neuwahlen bereits eingereicht habe.
Die islamisch-konservative Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am 31. März zwar landesweit eine knappe Mehrheit erhalten, jedoch die beiden grössten Städte Istanbul und Ankara an die Opposition verloren. In beiden Metropolen legte die AKP daraufhin Einspruch ein. Während in Ankara die YSK am Montag den Sieg des Oppositionskandidaten Mansur Yavas anerkannte, läuft in Istanbul die Überprüfung weiter.
In der 15-Millionen-Metropole war Imamoglu von der oppositionellen CHP mit einem Vorsprung von 25.000 Stimmen knapp vor dem AKP-Kandidaten gelandet. Nach einer teilweisen Neuauszählung und der Überprüfung der ungültigen Wahlzettel verringerte sich der Abstand auf 15.000 Stimmen. Die AKP beantragte daraufhin eine komplette Neuauszählung in 38 der 39 Bezirke, doch lehnte die YSK dies am Dienstag ab.
Erdogan hatte schon am Montag Neuwahlen nicht ausgeschlossen, da es bei der Abstimmung in Istanbul an vielen Orten Unregelmässigkeiten gegeben habe. Der AKP-Vorsitzende sprach von «Diebstahl an der Urne» und Fällen von «organisierter Kriminalität». Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu rief die YSK dagegen zur Wahrung ihrer Neutralität auf und warnte, die Sicherheit der Abstimmung sei in Gefahr.
Imamoglu rief angesichts der Forderung von Neuwahlen zur Achtung der Demokratie auf. «Demokratie ist nicht nur, wenn man gewonnen hat», sagte der CHP-Kandidat. Es könne keine Neuwahlen in Istanbul geben, vielmehr müsse der Prozess zur Anfechtung der Ergebnisse rasch abgeschlossen werden, denn die Stadt sei «erschöpft». Seine Partei hoffe, dass die Wahlkommission «rasch die richtige Entscheidung trifft», sagte er.
«Wir hatten sieben Wahlen in fünf Jahren, die Wirtschaft liegt am Boden, die Gesellschaft ist extrem polarisiert, selbst Fünfjährige kennen heute die Namen der Parteien», kritisierte Imamoglu. Die YSK müsse dafür sorgen, dass «Istanbul nicht Schaden nimmt und wir nicht zum Gespött vor der Welt werden», warnte der Oppositionskandidat.
Der regierungsnahe Kolumnist Abdulkadir Selvi schrieb in der Zeitung «Hürriyet», die Forderung nach Neuwahlen sei auch innerhalb der AKP umstritten, da einige fürchteten, dass sie ihrem Ansehen schade. Erdogans Koalitionspartner Devlet Bahceli schloss Neuwahlen aber nicht aus. «Nach 60 Tagen könnte es eine Wahl geben», sagte der Vorsitzende der ultrarechten MHP, die für die Kommunalwahlen ein Bündnis mit der AKP eingegangen war.