Von der Leyens Ersatzkandidaten nehmen erste Hürde im EU-Parlament
Die fehlenden Kandidaten für die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen haben die erste Hürde im Europaparlament genommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Sehr knappes Ergebnis für Franzosen Breton im Rechtsausschuss.
Der für die Prüfung von Interessenskonflikten zuständige Rechtsausschuss gab am Dienstag für die Bewerber aus Frankreich, Rumänien und Ungarn grünes Licht. Damit können am Donnerstag die Befragungen in den Fachausschüssen stattfinden. Offen ist, ob das aus der EU austretende Grossbritannien nochmals einen Kommissar nominieren wird.
Der Franzose Thierry Breton, der Ungar Oliver Varhelyi und die Rumänin Adina-Ioana Valean waren aufgestellt worden, nachdem erste Kandidaten aus den drei Ländern im Europaparlament gescheitert waren. Der Start der neuen EU-Kommission unter der künftigen Präsidentin von der Leyen musste deshalb um einen Monat auf den 1. Dezember verschoben werden.
Äusserst knapp war das Ergebnis aber für den früheren französischen Wirtschaftsminister Breton, der den Bereich Binnenmarkt und Industriepolitik übernehmen soll. Der bisherige Chef des IT-Unternehmens Atos kam mit zwölf gegen elf Stimmen im Rechtsausschuss durch.
Der langjährige Industriemanager war unter anderen bei den Linken und Sozialdemokraten wegen enger Verflechtung mit der Industrie kritisiert worden. Sein bisheriger Arbeitgeber Atos ist in vielen Bereichen tätig, für die er künftig als Binnenmarkt- und Industriekommissar zuständig sein soll.
Die Linken-Europaabgeordnete Manon Aubry sprach von «Heuchelei» und zeigte sich «total angewidert» von der Entscheidung. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken bedauerte, dass Breton nicht zumindest aufgefordert wurde, Zusatzfragen zu beantworten. «Ich finde, dass es viele Fragen zu seinen Interessenkonflikten gibt», schrieb er auf Twitter.
Problemlos nahm der als Erweiterungskommissar vorgesehene Ungar Varhelyi die Hürde im Rechtsausschuss. Auch die Rumänin Valean, die für den Bereich Verkehr zuständig sein soll, wurde ohne Gegenstimmen akzeptiert. Geben am Donnerstag auch die Fachausschüsse grünes Licht, würde das Plenum des EU-Parlaments am 27. November über die neue EU-Kommission als Ganzes abstimmen.
Unklar bleibt jedoch, ob Grossbritannien nochmals einen Kommissar nach Brüssel schickt. Das Land hätte eigentlich schon im März aus der EU austreten sollen. Da es aber keine Mehrheit im britischen Unterhaus für das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen gab, wurde der Brexit bereits drei Mal verschoben. Neuer Austrittstermin ist nun Ende Januar 2020.
Aus Sicht der EU-Kommission ist Grossbritannien deshalb verpflichtet, auch für zwei Monate einen Kommissar zu nominieren. Nachdem nun aber im Dezember Neuwahlen in Grossbritannien stattfinden, will Premierminister Boris Johnson womöglich vermeiden, durch die Ernennung eines Kommissars Zweifel an seinem Austrittswillen aufkommen zu lassen.
Nach Angaben einer Kommissionssprecherin antwortete Johnson nicht auf einen Brief von der Leyens mit der Aufforderung, einen Kommissar zu ernennen. Die künftige Kommissionschefin habe deshalb erneut einen Brief nach London geschickt und erwarte nun eine Antwort «sehr bald vor Ende der Woche».
Auch ein britischer Kommissarsanwärter müsste noch die Parlamentsbefragungen durchlaufen. In der EU wird aber bereits darüber diskutiert, ob von der Leyens neue Kommission notfalls auch ohne britischen Kommissar starten könnte.