Fürsorgerische Zwangsmassnahmen in Basel-Stadt werden aufgearbeitet
Der Basler Grosse Rat hat 600'000 Franken für ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen genehmigt.
Der Basler Grosse Rat hat am Mittwoch mit 95 Stimmen zu 1 Stimme 600'000 Franken für ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen bewilligt. Nach ersten Schätzungen waren zwischen 1930 und 1980 etwa 5000 bis 6000 Erwachsene und Jugendliche davon betroffen. Mit dem Forschungsprojekt sollen unter anderem Anstaltseinweisungen und psychiatrische Zwangseinweisungen unter die Lupe genommen werden.
Beim Kanton Basel-Stadt besteht bei diesem dunklen Kapitel der Schweizer Geschichte noch eine Forschungslücke, wie ein Historiker der Universität Basel in einer Vorstudie festhielt.
Im Rahmen dieses Projekts sollen unter anderem die genauen Betroffenenzahlen eruiert, staatliche und nichtstaatliche Akteure bei den Zwangseinweisungen bestimmt sowie der wirtschaftliche Kontext untersucht werden.
Fokus auf bisher vernachlässigte Bereiche
Die bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten beziehen sich hauptsächlich auf die Situation von Kindern. So gibt es bereits Untersuchungen zu Fremdplatzierungen, Pflege- und Verdingkinderwesen und die Rolle der Basler Psychiatrie bei der Geburtenkontrolle. Bei der Aufarbeitung der Schicksale von zwangsversorgten Jugendlichen und Erwachsenen besteht hingegen noch ein blinder Fleck.
Dazu gehören unter anderem Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken und Medikamentenversuche, wie es weiter in der Vorstudie heisst. Der gesprochene Betrag ist für die Projektleitung und zwei wissenschaftliche Mitarbeitende bestimmt. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden als Buch publiziert.
Regierung entschuldigte sich bei Betroffenen
Die Basler Regierung entschuldigte sich im Jahr 2021 bei den betroffenen Menschen. Sie weihte damals im Innenhof des Rathauses eine Gedenktafel ein, die seither an dieses Unrecht erinnert.