Das Städtchen Moutier steht vor einem bedeutenden Urnengang, der den Wechsel vom Kanton Bern zum Jura bestimmen könnte.
moutier
Moutier im Berner Jura. Die Bevölkerung von Moutier hatte sich bereits 2021 für den Kantonswechsel ausgesprochen. (Archivbild) - Keystone

Der Wechsel des Städtchens Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura steht vor einem entscheidenden Urnengang. Am 22. September entscheiden die Stimmberechtigten beider Kantone über den Vertrag, der die Modalitäten des Kantonswechsels regelt.

Die Bevölkerung von Moutier hatte sich bereits 2021 für den Wechsel ausgesprochen. Nach diesem Grundsatzentscheid begannen Verhandlungen über die Modalitäten des Kantonswechsels.

Ein wichtiger Teil des Vertragswerks ist die Güteraufteilung. Bern tritt dem Jura mit Moutier einen zur Bevölkerungszahl proportionalen Anteil an seinem Vermögen ab. Die übertragenen Grundstücke und Beteiligungen dürften diesen Anteil an Wert allerdings übersteigen, weshalb der Jura eine Ausgleichszahlung an Bern leisten muss.

Deren genaue Höhe ist noch offen. Ende 2023 hätte sie nach Angaben des Kantons in den Abstimmungsinformationen rund 4,4 Millionen Franken betragen.

Abstimmungsprozess und mögliche Konsequenzen

Beobachter gehen davon aus, dass die Stimmberechtigten beider Kantone am 22. September den Weg für den Kantonswechsel frei machen. Danach müssen die Eidgenössischen Räte auch noch der Änderung der Territorien der beiden Kantone Bern und Jura zustimmen – eine reine Formsache. Sind alle Abstimmungen gewonnen, wird Moutier Anfang 2026 jurassisch.

Sollte der Kantonswechsel im September allerdings in einem der beiden Kantone abgelehnt werden, bliebe Moutier bernisch. Damit würde wohl wieder Öl ins mittlerweile fast gelöschte Feuer des Jurakonflikts gegossen. Etwas, das beide Kantone und der Bund auf keinen Fall möchten.

Bei den meisten Stimmberechtigten im Kanton Bern, namentlich im grossen deutschsprachigen Kantonsteil, dürfte der Abgang von Moutier keine grossen Wellen werfen. Vielen dürfte es vor allem darum gehen, einen jahrzehntealten Konflikt endlich ad acta zu legen.

Der bernische Grosse Rat stimmte dem Vertragswerk mit 112 zu 19 Stimmen bei 26 Enthaltungen zu. Das jurassische Kantonsparlament stimmte dem Vertragswerk in zweiter Lesung mit 53 zu 1 Stimme bei 5 Enthaltungen zu.

Die Zukunft nach dem Wechsel

Mit dem Kantonswechsel von Moutier soll die Jurafrage definitiv als gelöst gelten. Doch damit sind in der Region nicht alle einverstanden. Namentlich in projurassischen Kreisen möchte man offen bleiben für allfällige zukünftige Entwicklungen.

Parallel zum Konkordat entscheiden die Stimmberechtigten im September auch über nötige Verfassungsänderungen. Interessant ist dieser Aspekt im Kanton Jura. Dort geht es um die Streichung einer Passage, die eine Vereinigung des Juras und des Berner Juras in einem neuen Kanton zum Ziel hat.

Der Kanton Bern empfand den Artikel stets als Provokation. Dies ganz besonders, nachdem sich die bernjurassische Bevölkerung 2013 – mit Ausnahme von Moutier und einzelner kleiner Gemeinden – mit über 70 Prozent für einen Verbleib bei Bern ausgesprochen hatte.

Nach dem Urnengang konnten jene bernjurassischen Gemeinden, die das wünschten, einen Kantonswechsel zum Jura beantragen. Einzig in Moutier fand sich dafür letztlich eine Mehrheit.

Jurakonflikt geht auf Wiener Kongress zurück

Mit dem Wegzug von Moutier in den Kanton Jura verliert der Kanton Bern rund 7200 Einwohnende und der Berner Jura eines seiner Zentren.

Der Jurakonflikt geht auf den Wiener Kongress von 1815 zurück, als sieben Bezirke des Bistums Basel dem Staat Bern zugesprochen wurden: Pruntrut, Delsberg, Freiberge, Moutier, Courtelary, Neuenstadt und Laufen.

Bald einmal kam es mit den neuen Herren im Haus zu Konflikten, die Ende der 1940-er Jahren offen ausbrachen. Die Forderung nach einer Abspaltung von Bern wurde laut.

Nach mehreren Plebisziten entstand 1979 aus den nördlichen Bezirken der Kanton Jura, die südlichen Bezirke Courtelary, Moutier und Neuenstadt verblieben bei Bern. Die Hoffnung auf ein Ende des Konflikts erwies sich damals als Trugschluss.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

FrankenFeuerStaat