Marcus Nauer im Interview
Marcus Nauer, Leiter des Bereichs Gesellschaft, tritt ab.
Wie reagieren die Leute, wenn Sie nach ihrer Tätigkeit und Ihrem Arbeitsort fragen?
Die Leute, die sich hier engagieren wissen genau, was sie machen und was sie wollen. Das sind sehr engagierte Leute. Sie haben zu einem gewissen Grad das Meierhöfli-Gen. Daraus ergibt sich aber auch ein Nachteil: Wenn diese Leute gehen, verliert man sehr viel.
Meierhöfli-Gen?
Was ist herausfordernd bei Ihrem Job?
Was sehen Sie als grössten Erfolg Ihrer Arbeit?
Angesichts der herausfordernden finanziellen Situation ist es wichtig, dass nicht nur zwischen freiwilligen und gebundenen Leistungen unterschieden wird. Wichtiger ist zu fragen, was sinnvolle Leistungen sind. Zudem sollte die Gemeinde offen für die Anliegen von Familien und Kinder sein und sie unterstützen. Die Quintessenz der Quartierentwicklung Meierhöfli war, dass man die Leute, die dort leben, stärken muss. Daher muss man die Schule stärken. Das braucht das Quartier und ich glaube, das braucht unsere gesamte Gemeinde. Wir müssen zu den Leuten schauen, die hier sind und sie stärken.
Das Wichtigste in Kürze
- Marcus Nauer tritt als Leiter des Bereichs Gesellschaft der Gemeinde Emmen ab.
- Er war 20 Jahre bei der Gemeinde tätig.
- im Interview berichtet er über Freud und Leid der Tätigkeit.
Marcus Nauer strahlt Ruhe aus. Er wählt seine Worte mit Bedacht. Eigenschaften die für seine Funktion als Leiter des Bereichs Gesellschaft wichtig sind, denn das Aufgabengebiet ist alles andere als einfach. Er war unter anderem verantwortlich für die Jugend- und Familienberatung, die Jugendarbeit, AHV/Arbeitsamt, die Kinderbetreuung, die frühe Förderung sowie die Integration – herausfordernde Arbeitsfelder. Gerade in einer vielfältigen Gemeinde wie Emmen.
Die Leute sagen immer, «wow Emmen ist ein hartes Pflaster». Aber ich entgegne, dass es nicht so ein hartes, sondern ein phantastisches Pflaster ist – eine tolle Gemeinde, mit tollen Leuten.
Wo zeigt sich das?
Das zeigt sich bei den Vereinen. Ein grosser Teil der Bevölkerung engagiert sich ehrenamtlich in Vereinen und das mit viel Enthusiasmus. Ohne sie würde unsere Gemeinde kaum funktionieren.
Ein aktives Vereinsleben gibt es vielerorts.
(lacht) Wir sagen, dass die Lehrpersonen im Schulhaus Meierhöfli das Meierhöfli-Gen haben. Nicht jeder kann und will dort unterrichten. Diejenigen, die aber dort Schule geben, machen es mit Herzblut.
Sie zeichnen grundsätzlich ein positives Bild des Zusammenlebens in Emmen. Was halten Sie Personen entgegen, die das nicht so sehen?
Mein persönlichen Erfahrungen. Die Leute in Emmen sind freundlich und herzlich. Ich verweise da auch gerne an eine Bundesstudie, die aktuell zum dritten Mal in Emmen durchgeführt wurde. Ein Ergebnis daraus ist, dass Jugendliche gerne in Emmen wohnen und sich stark mit der Gemeinde identifizieren.
Sehen Sie irgendwo auch Zündstoff?
Es besteht die Gefahr, dass durch die zunehmende Anonymisierung mehr soziale Brennpunkte entstehen. Gerade da ist unsere Arbeit wichtig.
Wie sind Sie eigentlich zur Gemeinde Emmen gekommen?
1993 habe ich ein Praktikum bei der Amtsvormundschaft absolviert, als ich an der höheren Fachschule für Soziale Arbeit studierte. Das war meine erste Berührung mit Emmen. Später kam ich zur Jugendberatung.
Es gibt bei den meisten Aufgaben keinen Standartprozess. Man ist immer wieder mit neuen Problemstellungen konfrontiert und muss eine Lösung finden. Für jeden Fall muss ich mich fragen, wie kann eine Familie oder ein Jugendlicher ein Problem am besten bewältigen und wie kann ich sie dabei unterstützen. Es gibt kein Patentrezept, aber das macht es auch sehr spannend.
Wir haben mit wenigen Ressourcen einen hochqualifizierten Bereich aufgebaut, der auch regional grosses Ansehen geniesst. Das macht mich stolz. Ich hatte ein erstklassiges Team und eine stets gute Zusammenarbeit mit der gesamten Verwaltung und unseren Partnern. Nur so war das möglich. Als Erfolg sehe ich auch, dass unsere Projekte finanziell breit abgestützt sind. Wir konnten stets zahlreiche Partner ins Boot holen, wie die Kirche, Stiftungen und den Kanton. So konnten Ideen realisiert werden, welche die Gemeinde alleine nicht hätte tragen können.
Bedauern Sie auch etwas?
Dass ich in den letzten Jahren nicht vehementer Ressourcen für bestimmte Aufgaben eingefordert habe, denn das wäre nötig gewesen. Zudem bedauere ich, dass das Aufgabengebiet der Integration immer sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Ein hoher Migrationsanteil ist per se kein Problem und eigentlich hat niemand etwas gegen Integration. Der grösste Teil der Menschen mit Migrationshintergrund leisten Hervorragendes für die Gemeinde und hätten teilweise mehr Unterstützung verdient.
Was hat Sie beeindruckt bei Ihrer Arbeit?
(überlegt lange) Zwei Sachen: Der Startanlass vor 11 Jahren beim «Midnight Basket», wo über 100 Jugendliche in der Halle an einem Samstagabend Sport machten. Heute ist es noch genau das gleiche. Es freut mich sehr, wie gut das Projekt funktioniert. Das andere hat mich eigentlich während meiner gesamten Tätigkeit beeindruckt. Ich habe sehr viele Familien gesehen, die trotz harter Arbeit am Existenzminimum leben. Immer wieder schaffen Sie es über die Runden zu kommen und das Beste für ihre Familie zu tun. Das beeindruckt mich sehr.