«No Cheese» – US-Botschaft in Bern verbietet das Fotografieren
Dass man in der Badi-Umkleide nicht fotografieren soll, ist klar. Dass es verboten sein soll, vom öffentlichen Grund aus die US-Botschaft in Bern zu fotografieren, scheint schon befremdender. Aber noch haben Sie die Geschichte von Bergün GR nicht gehört.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Passant knipste ein Bild der US-Botschaft. Daraufhin musste er sich ausweisen.
- In der Schweiz gilt allerdings Panoramafreiheit, vom öffentlichen Grund aus darf man fotografieren.
- Verbote gibt es aber nicht nur bei den Amerikanern, sondern auch im Bergdorf Bergün GR. Zumindest vorübergehend.
An der Sulgeneckstrasse 19 weht heute die US-Flagge auf Halbmast: Die amerikanische Botschaft gedenkt damit der ehemaligen First Lady Barbara Bush, die gestern Dienstag 92-jährig verstarb.
Ein Nau Leserreporter sah heute früh das Zeichen der Trauer, als er die Sulgeneckstrasse hoch lief, zückte sein Handy und schoss ein Bild. Augenblicklich wurde der Passant von den Soldaten, die die US-Botschaft bewachen, angehalten. Er musste seinen Ausweis vorzeigen und wurde darüber informiert, dass es nicht gestattet sei, ein Bild der amerikanischen Botschaft zu schiessen.
Fliegender und flinker ,Leser-Reporter, @urs_frieden berichtet: Fahne an US-Botschaft in Bern auf Halbmast wegen Barbara #Bush. Dann musste er Ausweis zeigen... @nau_live @realDonaldTrump pic.twitter.com/psANq6yCQK
— Micha Zbinden (@micha_zbinden) April 18, 2018
Es gilt Panoramafreiheit
Ist es in der Schweiz tatsächlich verboten, ein Gebäude zu fotografieren, das vom öffentlichen Grund aus sichtbar ist? Ausgerechnet ein amerikanisches Fotografen-Sprichwort besagt: «If you see it, you can shoot it». Nau wollte das genauer wissen und hat das Urheberrechtsgesetz aufgeschlagen.
Wer mit beiden Beinen auf öffentlichem Grund steht und von dort aus fotografieren will, hat die sogenannte Panoramafreiheit im Rücken. Sie ist in Artikel 27, Absatz 1 des Urheberrechtsgesetzes (URG) so geregelt: «Ein Werk, das sich bleibend an oder auf allgemein zugänglichem Grund befindet, darf abgebildet werden; die Abbildung darf angeboten, veräussert, gesendet oder sonst wie verbreitet werden.» Auch ein Gebäude gilt als Werk.
Ein Dorf verbietet das Bild
Sobald man Privatboden betritt, was unser Leserreporter nicht getan hat, sieht die Sache anders aus. Auf privatem Grund entscheiden die Besitzer, ob und was von wem fotografiert und allenfalls publiziert werden darf. Darum darf beispielsweise in Badeanstalten, selbst wenn sie öffentlich sind, oder in Ausstellungen ein Foto-Verbot verhängt werden.
So kam es, dass im Mai letzten Jahres das malerische Bergdorf Bergün GR bei einer Gemeindeversammlung einmütig ein «herzliches Fotografierverbot» verhängte. Wer dagegen verstiess, wurde mit fünf Franken Busse belegt. Das Verbot, so die Gemeinde explizit, galt übrigens auch für die Nasa. «Galt» – denn nachdem die Presse weltweit über das dreiste Dorf berichtet hatte, erteilte Gemeindepräsident Peter Nicolay eine globale «herzliche Sonderbewilligung» zum fotografieren. Das Ziel war erreicht, Bergün sonnte sich in Aufmerksamkeit.