Zürcher SP-Gemeinderat will Push-Warnungen gegen Fussgänger-Unfälle
Ein Zürcher SP-Gemeinderat will mit Push-Nachrichten gegen Verkehrsunfälle mit Passanten vorgehen: Mit Blick auf Datenschutz und Eigenverantwortung fragwürdig.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Fussgänger und Fussgängerinnen in Zürich verunglücken im Strassenverkehr.
- Insbesondere die Ablenkung durch Smartphones steht wohl am Ursprung dieses Problems.
- Ein SP-Gemeinderat fordert Push-Warnungen auf dem Handy: Schilder alleine reichten nicht.
In der Stadt Zürich ist es ein alltägliches Bild: Fussgänger, die auf ihr Smartphone starren und dabei fast mit dem Verkehr kollidieren. «Opfer» von diesem Phänomen werden als «Smombies» bezeichnet: Es handelt sich um ein Kofferwort aus den Begriffen «Smartphone» und «Zombie».
Sogenannte «Smombies» haben in letzter Zeit zu einer alarmierenden Anzahl von Unfällen geführt: Alleine im Jahr 2023 wurden über 200 Fussgängerinnen und Fussgänger in Zürich verletzt. Fast die Hälfte dieser Unfälle ereignete sich auf Zebrastreifen. Überdies kam es 2023 gar zu zwei Todesopfern bei Kollisionen mit Trams, wie der Blick in die Verkehrsunfallstatistik zeigt.
Abgelenkte Fussgänger führen zu Unfällen
Auch im Jahr 2024 haben sich in Zürich bereits zwei tödliche ÖV-Unfälle ereignet: Anfang März verlor eine Frau am Bahnhof Oerlikon ihr Leben. Wenige Tage später kam am Zürcher Central ein Mann zu Tode, wie «ZüriToday» berichtet.
Für die Stadtpolizeien von Zürich und Winterthur steht fest: Insbesondere die Ablenkung von Fussgängerinnen und Fussgängern durch Smartphones stehe am Ursprung dieses Problems. Entsprechend überrascht es wenig, dass auch die Politik sich zunehmend mit dem Problem beschäftigt.
SP-Gemeinderat schlägt Handy-Pushes vor
Gegenüber «ZüriToday» erklärt SP-Gemeinderat Severin Meier: «Über 200 verletzte Fussgängerinnen und Fussgänger ist eine wahnsinnig hohe Zahl.» Er ist überzeugt, dass eine Aufklärungskampagne oder Warnschilder für Smartphone-Benutzende alleine dem Problem nicht begegnen könnten.
«Wenn Leute ins Handy blicken, sehen sie weder Plakate noch Schilder», sagt Meier. Deshalb schwebt dem Sozialdemokraten eine andere Lösung vor: Push-Benachrichtigungen!
«Diese erscheinen auf dem Handy mit einer Warnung, sobald sich die User einer Strasse nähern, die totale Aufmerksamkeit braucht.» Selbstverständlich müsse vorerst abgeklärt werden, ob dies mit dem Datenschutz vereinbar sei, erklärt Meier gegenüber dem Online-Portal.
Auch für GLP-Gemeinderätin Carla Reinhard sind die zahlreichen Unfälle mit Passanten ein Grund zur Sorge: «Man ist dauernd online, schreibt noch schnell eine Nachricht und trägt dabei vielleicht sogar noch Kopfhörer. Ich kenne das natürlich auch.»
Reinhard möchte die Idee eines aktiveren Warnsystems prüfen lassen: Sie habe allerdings Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Massnahme. Überdies sei die Idee datenschutztechnisch heikel und der Effekt möglicherweise nur von begrenzter Dauer, wie sie gegenüber «ZüriToday» erklärt. Zusätzlich sollten Fussgängerinnen und Fussgänger sensibilisiert werden, auch über die sozialen Medien.
Bürgerliche und Experten appellieren an Eigenverantwortung
Andere Töne erklingen derweil rechts der politischen Mitte: SVP-Gemeinderat Derek Richter würde lieber an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger appellieren. Zusätzliche Sicherheitsmassnahmen könnten Passanten gar noch ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln, warnt er.
Auch Chantal Stocker von der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich äussert Bedenken gegenüber Warnhinweisen auf dem Smartphone: «Die Idee würde einen gewissen Widerspruch zu unserer Empfehlung darstellen.»
Sie betont stattdessen den Wert einer verantwortungsbewussten Teilnahme am Verkehr durch alle Beteiligten.