Berufsberater über Tattoos: «Eine Frage der Seriosität»

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Bern,

Schon Gletschermumie Ötzi trug sie, in den Neunzigern zeigten sie sich gerne als Arschgeweih: Wie steht es heute um Tattoos? Behindern sie die Karriere?

Wie viele Tattoos erträgt die Karriere?
Wie viele Tattoos erträgt die Karriere? - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizer Unternehmen haben keine klare Tattoo-Regelung.
  • Überall gilt die T-Shirt-Grenze: Was sich darunter verbirgt, geht keinen etwas an.
  • Bereits Gletschermensch Ötzi war tätowiert – und das ausgiebig.

In Japan wurden Verbrecher tätowiert, um sie aus der unbescholtenen Gesellschaft auszuschliessen. Im Dritten Reich wurde den Menschen in den Konzentrationslagern eine Häftlings-Nummer auf den Unterarm geritzt.

Und wie sieht es heute aus? Für viele sind Tätowierungen Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, Körperschmuck und im schlimmsten Fall eine Jugendsünde – dann etwa, wenn man sich in den Neunzigern ein Arschgeweih geleistet hat.

Die deutsche Bundespolizei scheinen Tätowierungen nicht zu stören.
Die deutsche Bundespolizei scheinen Tätowierungen nicht zu stören. - Keystone

«Eine Frage der Seriosität»

Geht es aber um den Job, ist die Toleranz für Tätowierungen nicht immer gegeben. «Zumeist sind Tattoos dann hinderlich, wenn eine Firma - beispielsweise im Finanz- oder auch Versicherungsbereich – eine gewisse «Seriosität» ausstrahlen möchte», erklärt Thomas Koeppel von Berufsberatung.ch gegenüber Nau.

Weil Personen mit Tätowierungen ja aber keinesfalls schlechter arbeiten, als jene mir blanker Haut, geht Koeppel eher davon aus, dass «es künftig durchaus eine weniger grosse Rolle spielt, wenn Tattoos im Verlauf der Zeit quasi als Körperschmuck gesellschaftlich breit akzeptiert sind».

Keine klare Regelung

Schlussendlich, betont Koeppel, hänge es aber von der jeweiligen Firma ab, wie sie mit Tätowierungen umgeht. Nau wollte darum von verschiedenen Firmen wissen, ob Tätowierungen in der Firmenkultur akzeptiert sind, oder nicht.

Bei Coop lege man Wert auf ein «sauberes und korrektes Auftreten. Tätowierungen sind bei Coop dabei kein Kriterium.» Eine Grenze hat Coop dann aber doch: «Ein Gesichts- oder Hals-Tattoo mit menschenverachtendem oder obszönem Inhalt würde bei Coop nicht geduldet», so Mediensprecherin Alena Kress.

Auch auf dem Tennisplatz kein Nono: Ukraine's Elina Svitolina hebt sogar das Röckli, um ihren neusten Körperschmuck zu präsentieren.
Auch auf dem Tennisplatz kein Nono: Ukraine's Elina Svitolina hebt sogar das Röckli, um ihren neusten Körperschmuck zu präsentieren. - Keystone

Das Berner Unispital kennt auch beim Pflegepersonal keine einheitliche Regelung: «Es obliegt dem jeweiligen direkten Vorgesetzten zu entscheiden, ob sich die Tattoos eines Mitarbeitenden mit seiner Funktion und der Tätigkeit vereinbaren lassen», so Mediensprecherin Susanne Bandi. Fest steht: Auch bei tätowiertem Pflegepersonal kamen der Spitalleitung nie Reklamationen von Patienten zu Ohren.

Am unkompliziertesten zeigt sich die Swisscom: Tätowierungen sind hier schlicht kein Thema. Was zählt, ist der Mensch und seine Qualifikation.

T-Shirt-Grenze

Bei der Migros sind «wenige, dezente Piercings und Tattoos in der Regel gestattet. Im Zweifelsfall entscheidet der Vorgesetzte», so Mediensprecherin Martina Bosshard. Steht der Körperschmuck der Karriere im Weg, gehe «ein Abdecken spezifischer Körperstellen oder Ablegen des Piercings während der Arbeitszeit einem Verbot vor», so Bosshard.

Das bringt uns zur sogenannten «T-Shirt-Grenze»: Tätowierungen, die sich unter einem T-Shirt verbergen lassen, haben den Arbeitgeber so oder so nicht zu kümmern.

Lassen die Tattoos sich unter der Kleidung verbergen, sind sie nie ein Problem.
Lassen die Tattoos sich unter der Kleidung verbergen, sind sie nie ein Problem. - Keystone

Tattoos und die Vergangenheit



In Ägypten tragen koptische Christen ein tätowiertes Kreuz
an der Innenseite ihres rechten Handgelenks, um sich vom Islam zu distanzieren.

In Japan wurden Tattoos, wie bereits notiert, ab dem 18. Jahrhundert als Brandmark für Kriminelle benutzt.
Wer sich etwas hat zu Schulden kommen lassen, fand damit niemals mehr zurück in
die Gesellschaft. So bildete sich gar eine eigene Kaste, die «Yakuza».
Gebrandmarkt wurden während dem Zweiten Weltkrieg auch die Juden. Im Konzentrationslager
wurde ihnen ihre Häftlings-Nummer auf den Unterarm tätowiert.

Golferhandschuh und Olympia-Tattoo: Golferin Lexi Thompson.
Golferhandschuh und Olympia-Tattoo: Golferin Lexi Thompson. - Keystone

Ötzi hatte 61 Tattoos

Doch Tätowierungen haben in der Vergangenheit
nicht nur schlechte Presse gemacht. In der Kultur der Maori beispielsweise
haben Tätowierungen – auch im Gesicht – einen sehr hohen Stellenwert und bezeichnen
die Zugehörigkeit zu einem Stamm.

Und sogar Ötzi, die 5300 Jahre alte
Gletschermumie trug stolze 61 geometrische Tätowierungen auf dem Körper. Die Wissenschaft
spekuliert, dass die Hautmalereien einem
medizinischen Zweck dienten und Ötzi von Gelenkschmerzen befreien
sollten.

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