Travailsuisse: Lohnschere öffnet sich doch weiter
Das Wichtigste in Kürze
- Die Lohnschere hat sich in den letzten Jahren wieder geöffnet.
- Der Frauen-Anteil in Führungspositionen ist nach wie vor sehr gering.
Seit mehr als zehn Jahren führt Travailsuisse eine Studie zu Manager-Löhnen durch. Dieses Jahr kommt der Arbeitnehmer-Dachverband zum Schluss: In der Geschäftsleitung steigen die Löhne überdurchschnittlich stark.
Konkret sind in der Teppichetage die Löhne seit 2011 um 16 Prozent gestiegen. Die übrigen Arbeitnehmer mussten sich mit einem Anstieg von knapp vier Prozent zufriedengeben. «Damit sind die Löhne ganz oben vier Mal stärker gestiegen als unten – so geht die Lohnschere immer weiter auseinander», kommentiert Adrian Wüthrich (SP), Präsident von Travailsuisse.
Die Lohnschere lag vor sieben Jahren im Schnitt bei 1:45. Letztes Jahr kletterte der Wert auf 1:49. Heisst: Der Durchschnittslohn in den Chefetagen ist aktuell 49 Mal höher als der tiefste Lohn im Unternehmen. Untersucht wurden 26 Schweizer Firmen.
Gestern veröffentlichte die Gewerkschaft Unia eine ähnliche Studie, die zu einem anderen Schluss kommt. Laut der Unia hat sich die Lohnschere leicht geschlossen. Der grosse Unterschied liegt in der Methodik: Travailsuisse rechnet mit dem Durchschnittslohn der Geschäftsleitung, Unia vergleicht hingegen den höchsten und tiefsten Lohn im Unternehmen.
Unterschied bei Valora
Als Negativ-Beispiel für die Entwicklung nennt Travailsuisse Valora. Beim Kiosk-Konzern öffnete sich die Lohnschere von 1:23 auf 1:60. Beim Chemiekonzern Lonza gar von 1:40 auf 1:85. Und beim Industriekonzern ABB öffnete sich die Schere von 1:64 auf 1:87.
Auch mit der Umsetzung der Abzocker-Initiative ist der Arbeitnehmer-Dachverband nicht zufrieden. «Mit wenig griffigen Massnahmen im Aktienrecht, dem Verschwinden von Managerlöhnen aus dem politischen Fokus und einer anziehenden Konjunktur droht in den kommenden Jahren der nächste Bonirausch», sagt Wüthrich. Und warnt: «Die absurde Höhe der Managerlöhne und die sich weiter öffnende Lohnschere führen zu einer Entfremdung zwischen Bevölkerung und Wirtschaft mit unabsehbaren politischen Kosten.»
Lob gibt es hingegen für die im Aktienrecht verankerte Frauenquote. Das war «bitter nötig», heisst es bei Travailsuisse. In den untersuchten Unternehmen waren von 213 Konzernleitungsposten nur 14 von Frauen besetzt. «Was einen beschämenden Frauenanteil von 6,7 Prozent ergibt.» Die Studie zeigt allerdings auch: Der Frauen-Anteil im Verwaltungsrat hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Immerhin.