Zwangslizenzen gegen steigende Medikamentenpreise gefordert

Keystone-SDA
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Zürich,

Das Problem steigender Medikamentenpreise in der Schweiz solle mit Zwangslizenzen für überteuerte Medikamente gelöst werden. Die NGO Public Eye fordert den Bund auf, dieses Instrument zu nutzen, um den Zugang zu Medikamenten für alle zu sichern.

Auch teure Medikamente sollen in den Augen der NGO Public Eye für alle zugänglich sein.
Auch teure Medikamente sollen in den Augen der NGO Public Eye für alle zugänglich sein. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die NGO Public Eye will mit Zwangslizenzen erreichen, dass teure Medikamente in der Schweiz für alle zugänglich sind.
  • Die Pharmabranche will nichts von diesen Zwangslizenzen wissen.

Die neusten Krebstherapien mit Kosten von über 100'000 Franken pro Person bringen die Grundversorgung in der Schweiz an den Anschlag. Die Nichtregierungsorganisation (NGO) Public Eye setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Entwicklungsländer horrend teure Medikamente mittels Zwangslizenzen verbilligen können. Am Dienstag appellierte die NGO nun an den Bund. Dieser solle im öffentlichen Interesse der Schweiz ebenfalls zu Zwangslizenzen greifen.

Gute Medikamente sollten für alle Menschen hierzulande zugänglich sein, sagte Gilbert Zulian, Präsident der Krebsliga Schweiz, die die NGO unterstützt. Es gebe bereits Patienten, bei denen mitten in der Krebsbehandlung die Fortführung verweigert wurde. Solche Einzelfälle drohten zuzunehmen und führten zu einem Zweiklassensystem.

Lizenz für Brustkrebs-Medikament

Eine erste Zwangslizenz hält die NGO für das neue Brustkrebsmedikament Perjeta des Pharmakonzerns Roche für gerechtfertigt. Solche Lizenzen wurden bereits in Ländern wie Thailand angewendet – ein Markteingriff, den die Welthandelsorganisation im Interesse der öffentlichen Gesundheit erlaubt.

Gemäss Public Eye ermöglicht auch das Schweizerische Patentgesetz solche Lizenzen, indem Medikamente den Status für «öffentlichen nicht kommerziellen Gebrauch» erhalten. Bisher hätte der Bund dieses Mittel aber übersehen – auch im Interesse der Pharmaindustrie.

Bundespräsident Alain Berset anerkennt das Problem der hohen Medikamentenpreise. Gesetzliche Bemühungen seien notwendig, um den Zugang zu Generika zu verbessern, sagte er am Montag in Genf. «Es muss ein Gleichgewicht zwischen Forschung in Unternehmen, öffentlicher Forschung und Marktbedingungen gefunden werden, wo sich die Investitionen lohnen», führte Berset aus.

Pharmabranche will nichts von Lizenzen wissen

Roche hält eine Zwangslizenz für völlig unbegründet, wie Roche-Sprecher Nicolas Dunant auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte. Zudem gebe es keine rechtliche Grundlage für eine Zwangslizenz. Perjeta sei in der Schweiz als Kombinationstherapie mit Herceptin uneingeschränkt zugänglich.

Interpharma, die Interessenvertretung der forschenden Pharmaunternehmen, lehnt Zwangslizenzen für Medikamente in der Schweiz ebenfalls ab. Ohne Patente gebe es keine Forschung, keine neuen innovativen Medikamente und somit auch keine Generika, so Interpharma. Auch das zuständige Bundesamt für Gesundheit zeigte sich kritisch. Der Krankenversicherungsverband Santésuisse begrüsst die Idee grundsätzlich.

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