Irrer Knockout: Bösel beerbt Box-Idol Maske
Der hochriskante Masterplan von Boxprofi Dominic Bösel ging auf: Erst Stärke zeigen, sich kurzzeitig verprügeln lassen, um dann den müden Champion auszuknocken. Diese Taktik fand selbst Henry Maske «beängstigend».
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einer kleinen Verbeugung bedankte sich Dominic Bösel ehrfürchtig bei seinem Box-Idol Henry Maske.
Nach dem spektakulären Gewinn der Halbschwergewichtsgürtel von IBO und des höher eingestuften WBA-Weltverbandes auf Interimsbasis hatte der «Gentleman» den 30 Jahre alte Profi zu seinem Nachfolger ernannt.
«Er hat sich die Energie für den Moment aufgehoben und sie dann freigemacht», sagte Maske zum spektakulären K.o.-Sieg Bösels in Runde elf nach 1:12 Minuten gegen den schwedischen IBO-Champion Sven Fornling.
Bösel, der als Junge in Maske-Bettwäsche geschlafen hatte, traf erstmals live auf sein Vorbild. Maske hatte den Kampf als TV-Experte kommentiert. Noch besser: Bösel schnappte sich mit einem beherzten Auftritt ausgerechnet jenen WBA-Gürtel, den Maske als IBF-Weltmeister im November 1996 beim Vereinigungskampf mit WBA-Champion Virgil Hill verpasst hatte. «Das bedeutet mir sehr viel, dass er hier dabei war. Das hat mich zusätzlich motiviert», sagte Bösel.
Nur 41 Kilometer von seinem Heimatort Freyburg in Sachsen-Anhalt entfernt zeigte Bösel vor 3500 Zuschauern in der Messe-Arena von Halle einen geradezu irren Kampf. «Er boxte stark aus der Distanz, hat einen Klasse-Jab», lobte Klitschko-Manager Bernd Bönte, der im Vorkampf mit Peter Kadiru ein vielversprechendes Schwergewichtstalent in den Ring geschickt hatte. Schon in Runde zwei war Fornling, der selbst ernannte Wikinger aus Malmö, am Boden. «Ich spürte, er kann mir nicht wehtun. Er powerte sich aus, dann habe ich es einige Mal probiert, und er wackelte», sagte Bösel zu seiner Taktik.
In den Runden acht und neun ging Bösel hohes Risiko, liess sich vom Schweden immer wieder in die Ecke drängen und kassierte viele Schläge - meistens nur auf die Deckung. «Beängstigend, sehr passiv», meinte Maske. Bösels Freundin Luisa, die erstmals am Ring sass, schlug fassungslos ihre Hände vors Gesicht. Bösel behauptete später, er habe mit Fornling gespielt. «Der Junge macht mich wahnsinnig, der spielt Katz und Maus, das ist nichts für schwache Nerven», meinte SES-Promoter Ulf Steinforth und adelte Bösel: «Er ist der intelligenteste Boxer, den ich je hatte. Er hat den ganzen Kampf strategisch geplant, quasi ein Masterplan.»
Ab Runde zehn kam Bösel mit voller Energie zurück und merkte sofort: Hier geht mehr. In Runde elf setzte er seinen Gegner mit einem Schlaghagel fest, bis Ringrichter Jean Robert Laine aus Monaco den Kampf abbrach. Der entthronte Champion hatte einige Cuts im Gesicht und musste zur Kontrolle ins Krankenhaus gebracht werden. «Ich hoffe, ihm geht es gut und er hat kein Hirnbluten oder so», meinte Bösel nach seinem zwölften Knockout im 31. Kampf.
Im Vorfeld hatte der SES-Boxstall einen Vertrag mit dem amerikanischen Sport-Sender ESPN abgeschlossen. Bösel habe laut Steinforth die Chance, «richtig fett ins Geschäft zu kommen». Seine Kampfbörse «im kleinen sechsstelligen Bereich» (Steinforth) ist da nur der Anfang. «Ich bin jetzt ganz oben dabei, da gibt es viele Optionen. Ich bin kein Millionär, lege mein Geld immer gut in Wohnungen an», meinte Bösel, der seit seinem fünften Lebensjahr boxt. «Ein Vierteljahrhundert habe ich auf diesen Moment hingearbeitet», betonte Bösel, der nun Urlaub in Thailand macht.