Das Szenario einer Super League wird langsam konkret. Die European Club Association hat einen entsprechenden Aufschlag gemacht. Wer steckt aber hinter dem einflussreichen Zusammenschluss und wieso können sich die Fussball-Dachverbände wie die UEFA nur schwer wehren?
Ehrenvorsitzender der ECA: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE
Ehrenvorsitzender der ECA: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit den publik gewordenen Plänen zu einer radikalen Reform der Champions League hat die European Club Association erneut ihr Streben nach noch mehr Geld und Macht im internationalen Fussball dokumentiert.
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In Amsterdam kommen die 232 Mitglieder zu ihrer jährlichen Vollversammlung zusammen. Mit dabei sind auch Vertreter von 13 Bundesliga-Clubs.

Was ist die ECA und wer sind die treibenden Kräfte?

Die European Club Association ging 2008 aus dem Zusammenschluss der sogenannten G14 und des European Club Forums hervor. Unter dem Vorsitz von Karl-Heinz Rummenigge wurde eine Interessengemeinschaft gegründet, um den Einfluss der Topvereine auf Entscheidungen bei der Europäischen Fussball-Union UEFA und beim Weltverband FIFA zu sichern. Mittlerweile hat die ECA 232 Mitglieder und ist in allen wichtigen Institutionen bestens vernetzt. Ihr Chef Andrea Agnelli von Juventus Turin und PSG-Boss Nasser al-Khelaifi haben jeweils einen Sitz im UEFA-Exekutivkomitee, im Stakeholder-Komitee der FIFA sitzen fünf ECA-Vertreter unter anderem von Real Madrid, AS Rom, Ajax Amsterdam und dem FC Arsenal.

Wieso wollen die reichen Clubs eine Super League?

Nichts ist für die wie Grossunternehmen organisierten Top-Clubs des Kontinents schlimmer als Planungsunsicherheit. Ein Jahr ohne Teilnahme an der Champions League ist für Teams dieser Kategorie ein ökonomischer Alptraum. In einem Ligensystem wie in den USA wäre der Zugang zu den Milliarden-Geldtöpfen immer gesichert.

Wie sieht der konkrete Plan aus?

Die neueste Idee ist praktisch die Einführung einer Super League durch die Hintertür und unter dem Dach der UEFA. In einer dreigeteilte Champions League spielen von 2024 an die besten 32 Teams in vier Achtergruppen gegeneinander. Die je vier besten Mannschaften ziehen in die K.o.-Runde ein. Auf- und Abstieg sind nur begrenzt möglich. Eine Qualifikation für das nächste Jahr über den nationalen Wettbewerb entfällt. Statt sechs Spielen sind zudem mindestens 14 auf kontinentaler Ebene pro Saison für jedes Team garantiert.

Wieso gibt es keinen Widerstand von der UEFA?

Europas Dachverband ist in einem Dilemma. Ohne die Topclubs funktioniert die grosse Geldmaschine Champions League nicht. Ohne die Milliarden-Einnahmen würde die Alimentierung der insgesamt 55 nationalen Verbände nicht funktionieren. Nach und nach wurden durch Veränderungen des Formats den Top-Clubs schon Zugeständnisse gemacht, aber das längst diskutierte Boykott-Szenario von Real Madrid und Co. einer externen Super League bleibt hinter den Kulissen eine konkrete Bedrohung. UEFA-Chef Aleksander Ceferin versucht mit einer Einbindung von ECA-Vertretern in die UEFA-Gremien den Interessenausgleich zwischen Arm und Reich hinzubekommen, sein Erfolg ist bislang überschaubar.

Wie ist die Position der 13 deutschen ECA-Mitglieder?

Der FC Bayern vollführt seit Wochen einen eigentümlichen Kurs. Mit Real Madrid scherten Rummenigge und Uli Hoeness schnell aus dem ECA-Block gegen die neue FIFA-Club-WM aus. Eingestanden sind mittlerweile dereinst geführte Gespräche mit Real Madrid über eine eigenständig vermarktete Super League. Zeitgleich beteuert der ECA-Ehrenvorsitzende Rummenigge ständig die Treue des Rekordmeisters zur Bundesliga. Irgendwann werden die Bayern richtig Stellung beziehen müssen. Spannend ist auch, wie sich die zwölf weiteren deutschen ECA-Mitglieder positionieren. Schalkes Finanzchef Peter Peters wetterte schon gegen die Super-League-Pläne. Das kann er in Amsterdam nun auch als Mitglied des Gremiums tun, das eben diese umsetzen will.

Was passiert konkret in Amsterdam?

Eine Entscheidung über die Super League kann es beim ECA-Meeting nicht geben. Die Champions-League-Reform muss die UEFA-Exekutive beschliessen. In Hollands Fussball-Mekka werden aber viele Gespräche hinter den Kulissen laufen. Agnelli und seine Vorstandscrew, zu der auch Michael Gerlinger vom FC Bayern gehört, werden versuchen, auch unter den kleineren der 232 Mitglieder einen Zusammenschluss für ihre Super-League-Pläne zu finden.

Was bedeutet die Super League für die neue Club-WM?

Die Reform der Champions League ist eine Funktionärs-Ohrfeige für FIFA-Chef Gianni Infantino. Mit einer jährlichen Super League der europäischen Top-Clubs im Saisonverlauf würde die gerade eingeführte Club-WM der FIFA im Sommer massiv an (Werbe)-Wert verlieren. Der von allen ECA-Vorstandsmitgliedern unterschriebene Boykott-Aufruf für das Infantino-Projekt macht nun auch Sinn. Im Kampf um Marketing-Milliarden stehen beide Wettbewerbe in Konkurrenz. Der FC Bayern hat aber schon klar gemacht, dass man überall dabei sein will.

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