Christian Kirchmayr will via Heim-WM an die Olympischen Spiele
Christian Kirchmayr vertritt die Schweiz an den Badminton-Weltmeisterschaften in Basel im Männer-Einzel. Für den 25-Jährigen aus Therwil im Kanton Baselland wird die WM-Premiere zum grossen Heimspiel.
Das Wichtigste in Kürze
- Dank einer Wildcard kommt Christian «Kiko» Kirchmayr am Montag zu seinem ersten WM-Einsatz.
Mittlerweile würde er als Weltnummer 120 den Sprung ins 64er Tableau auch via bereinigte Weltrangliste (maximal vier Startplätze pro Nation) schaffen. Denn nach Ablauf der Qualifikationsphase Ende April spielte der Schweizer stark auf. Unter anderem erreichte er im Juni bei einem internationalen Turnier in Mauritius den Final. Dies alles ist mit harter Arbeit verbunden.
Der Lohn dafür ist der Auftritt auf der grossen Badminton-Bühne im Basler St. Jakobshalle. Keine 15 Autominuten entfernt ist Kirchmayr in Therwil aufgewachsen. «Erstmals an einer WM teilzunehmen ist an sich schon aufregend, und dann gleich noch so nahe von Zuhause, macht es gleich doppelt speziell», sagt der Schweizer Einzel-Meister von 2018, der bei seinem Heim-Auftritt auch auf die zahlreiche Unterstützung von Familie und Freunden zählen kann. Die Nachfrage nach Tickets habe er bei weitem nicht stillen können.
Sein Gegner am späten Montagnachmittag in der 1. Runde ist der Israeli Misha Zilberman. Der gebürtige Russe, der an den Europa-Spielen in Minsk kürzlich Bronze gewonnen hatte, ist in der Weltrangliste fast 80 Plätze vor Kirchmayr klassiert. «Obwohl ich noch nie gegen ihn gespielt habe, rechne ich mir schon Chancen aus», lautet seine Einschätzung. Das Los hätte es schlimmer meinen können, gibt Kirchmayr zu. Er sei schon sehr happy gewesen, dass er einem grossen Namen aus dem Weg gehen konnte. «Das war bei meinen Auftritten in Basel auch schon anders», erinnert er sich und meint damit seine Erstrundenpartien am Swiss Open gegen Viktor Axelsen (2015), Kento Momota (2018) und Lin Dan (2019). Das Trio kommt zusammen auf sieben WM-Goldmedaillen im Einzel.
Seine Leidenschaft fürs Badminton entdeckte Kirchmayr verhältnismässig spät. Erst mit 11 Jahren tauschte er - inspiriert von seinem jüngeren Bruder - das Tennis- mit dem Badminton-Racket. 2014 entschied er sich, den Sport zum Beruf zu machen. Seither ordnet er alles dem Badminton unter. Nach bestandener Matur im Sportgymnasium Liestal zog er nach Bern um, wo er seither mit dem Nationalkader trainiert. Wöchentlich investiert der Vollprofi 25 Stunden ins Training. Nebenbei absolviert er ein Fernstudium in Jus.
Der Aufwand ist enorm. Auch neben dem Platz hat Kirchmayr grosse Herausforderungen zu bewältigen. Im Vergleich zu anderen Sportarten in der Schweiz verdient man hierzulande mit Badmintonspielen nicht das grosse Geld. Dennoch sind die zahlreichen Reisen an Turniere im Ausland mit beträchtlichen finanziellen Anstrengungen verbunden.
Für das Olympia-Qualifikationsjahr rechnet Kirchmayr mit Investitionen in der Höhe von 40'000 Franken. Ein grosser Teil davon kommt vom Militär. Seit seiner Spitzensport-RS im Jahr 2015 ist Kirchmayr jährlich an 130 Tagen als Sportsoldat angestellt. Weitere finanzielle Unterstützung erhält er von Swiss Badminton und vom Kanton Baselland (Olympiateam). Den Rest versucht Kirchmayr über private Sponsoren und Stiftungen reinzuholen. «Als Einzelsportler in einer Randsportart Sponsoren zu suchen, ist allerdings nicht so einfach», gibt er zu. «Da hörst du das Wort 'Nein' etwa 100 Mal, bevor sich einer zu einem 'Ja, vielleicht' durchringt. Das kostete mich zusätzliche Energie.»
Eigentlich ist die Heim-WM für Kirchmayr nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu seinem grossen Ziel: Die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Damit sein Traum von Olympia in Erfüllung geht, muss er im Qualifikations-Ranking genügend Punkte sammeln. Und diese gibt es an Turnieren verteilt über den ganzen Globus zu gewinnen. Uganda, Portugal, Frankreich, Niederlande, Brasilien, China, Aserbaidschan, Mauritius, Weissrussland, Ghana und Griechenland hiessen die Stationen, an denen Kirchmayr in diesem Jahr bereits Halt gemacht hat.
Nun ist er zurück in seiner Heimat, in Basel, wo er mit einer erfolgreichen WM-Premiere einen kleinen Schritt zum ganz grossen Traum machen möchte, die Schweiz als erster Badminton-Spieler seit Christian Bösiger 2008 in Peking an den Olympischen Spielen zu vertreten.