Ex-Turnerin packt aus: «Olympiamedaille war die Qual nicht wert»
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ex-Kunstturn-Star Amy Tinkler ist im Alter von nur 20 Jahren zurückgetreten.
- Nun erzählt die Britin, wieso es zur frühen Pensionierung gekommen ist.
- Die 20-Jährige wurde vom britischen Turnverband schwer misshandelt und schikaniert.
Es ist eine traurige Aussage, die Ex-Kunstturn-Star Amy Tinkler gegenüber der «Daily Mail» macht.
«Die Olympiamedaille war es nicht wert. Ich würde meine ganze olympische Erfahrung aufgeben, wenn ich das nie durchgemacht hätte. Nichts ist das wert, was ich erlebt und womit ich immer noch zu kämpfen habe.»
Die 20-Jährige hat sich nach dem frühen Ende ihrer Kunstturnkarriere nun offen zu den Misshandlungen im britischen Turnverband geäussert.
Auf die Frage, wie sie Lilleshall, den Standort des britischen Turnverbandes, beschreiben würde, antwortet sie: «Gefängnis.»
Amy Tinkler: «Trainerin war besessen»
Jahrelang wurde sie von ihrer Trainerin Amanda Reddin wegen ihres Körpergewichts schikaniert: «Ich hatte schreckliche Angst vor ihr, nichts war ihr genug. Der Gewichtskram fing bei ihr an, als ich etwa 13 war – sie war besessen!»
Die Britin erinnert sich an ein einschneidendes Erlebnis: «Als ich 15 Jahre alt war, kurz vor der WM, fanden Putzfrauen Verpackungen von Süssigkeiten in unseren Zimmern.»
Da sei Reddin durchgedreht und schrie die Mädchen an: «Wenn ihr Süsskram essen wollt, dann esst sie vor euren Teamkolleginnen. Damit wissen sie, dass ihr schuld seid, wenn wir nicht gut abschneiden. Alle Mädchen haben verschiedene Körperformen und Grössen, doch immerhin wissen sie, wie man aussehen sollte.»
Tinkler fing an, vor den Trainingslagern nichts mehr zu essen, da die Turnerinnen zu Beginn des Lagers gewogen wurden. «Von 14 bis 19 habe ich jeden Abend vor dem Schlafengehen Zitronensaft getrunken. Denn ich hatte gelesen, dass die Säure Fett im Magen verbrennt, wenn man schläft», erklärt sie.
Für Lebensmittelvergiftung gelobt
Als sie im Jahr 2018 nach einer schweren Lebensmittelvergiftung zurück im Training war, meinte Colin Still (weiterer Nationaltrainer): «Na ja, zumindest hast du abgenommen und siehst jetzt dünner aus. Versuch einfach, das Gewicht zu halten.»
Die Kritik an ihrem Körper entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem ernsthaften psychischen Problem. Bis heute hat die Bronzemedaillengewinnerin der Olympia 2016 mit den Auswirkungen zu kämpfen. Sie ist psychologischer Behandlung.
Tinkler kämpft mit schweren psychischen Problemen
Sie erzählt: «Es ist ein Chaos. Selbst jetzt kann ich kaum eine Waage ansehen – wir mussten sie aus dem Haus nehmen. Wenn mir ein Salat angeboten wird, habe ich einen Zusammenbruch, weil mein Kopf denkt, ich werde fett genannt.»
Amy Tinkler erholt sich von den Vorkommnissen nur langsam, aber gibt sich kämpferisch: «Ich lasse nicht zu, dass die Erinnerungen an die Olympia von diesen Leuten ruiniert wird. Aber ich wünschte, es hätte alles anders sein können.»
In einer Erklärung des britischen Turnverbandes heisst es: «Die Vorfälle, von denen Amy berichtet hat, sind in unserem Sport völlig inakzeptabel.» Zu einer Reihe von Behauptungen würden demnach bereits Untersuchungen laufen.