Mammut-WM, neue Club-WM: Infantinos Politik zeigt Wirkung
Fussball, Fussball und noch mehr Fussball. FIFA-Chef Infantino hat mit seiner Expansionsstrategie offenbar Erfolg. Am Freitag werden in Miami wohl die Weichen gestellt für mehr Teams und WM-Spiele in Katar und eine runderneuerte Club-WM. Wer profitiert vom Gigantismus?
Das Wichtigste in Kürze
- Noch läuft hinter den Kulissen das letzte Schachern der Fussball-Funktionäre um Formate und Details.
Auch politische Hürden müssen noch überwunden werden. Aber die Tendenz ist klar. Die WM 2022 soll mit 48 statt 32 Teams gespielt werden.
Schon für den Sommer 2021 ist die Premiere der reformierten Club-WM mit 24 statt bislang sieben Mannschaften geplant. Weltverbands-Chef Gianni Infantino würde damit zwei seiner grossen Projekte verwirklichen. Bei der Sitzung des FIFA-Councils am Freitag im Ritz Carlton Hotel in Miami ist auch DFB-Präsident Reinhard Grindel als Vertreter der europäischen Interessen gefordert.
Ist die Aufstockung auf 48 WM-Mannschaften schon fix?
Beschlossen ist noch nichts, aber die Richtung ist eindeutig. Denn letztlich sind mittlerweile praktisch alle Funktionäre für eine XXL-WM in knapp vier Jahren am Golf - auch DFB-Chef Grindel. In Miami wird nun eine Grundsatzentscheidung gefällt und der Fahrplan fixiert. Dabei geht es primär um die schwierige Suche nach einem notwendigen Co-Gastgeber für Katar, dessen maximal acht WM-Stadien nicht ausreichen. Am 3. Juni tagt das Council dann in Paris, bis dahin sollen alle formalen Hürden beseitigt sein, so dass der FIFA-Kongress als zuständiges Gremium für die Wahl von WM-Ausrichtern zwei Tage später endgültig Grünes Licht für eine WM-Aufstockung geben kann.
Warum ist es so schwer einen Co-Gastgeber zu finden?
Katar wird von drei Nachbarländern und potenziellen Co-Gastgebern diplomatisch boykottiert: Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien. Die Saudis gelten aber als der Wunsch-Kandidat von Infantino. Klar ist: Nur wenn die politische Eiszeit am Golf beendet wird, kann es ein Zwei- oder Drei-Nationen-Turnier geben, so steht es auch in der von der FIFA selbst verfassten Machbarkeitsstudie. Teams und Fans müssen sich zwischen den Ländern frei bewegen können. Mögliche Ersatzkandidaten sind die politisch neutralen Länder Oman und Kuwait. Infantino wird aber wohl alles dransetzen, seinen Favoriten Saudi-Arabien im Rennen zu halten.
Wie würde das Mammmut-Turnier konkret laufen?
Geplant ist das gleiche Format, das schon für die WM 2026 beschlossen ist. Die Vorrunde läuft in 16 Dreiergruppen aus denen sich je zwei Teams für die erste K.o.-Runde qualifizieren. Nach dieser geht es im bekannten Modus vom Achtelfinale bis zum Endspiel weiter. Die Zahl der Spiele steigt von 64 auf 80, mit bis zu sechs Spielen pro Tag. Laut FIFA-Studie muss somit der ohnehin umstrittene Zeitraum vom 21. November bis 18. Dezember nicht noch ausgeweitet werden.
Was sind die Auswirkungen auf den deutschen Fussball?
Es klingt ein bisschen ketzerisch, aber der deutsche Fussball könnte sogar zum Nutzniesser der Aufstockung werden. Europa bekommt dann 16 statt der bisher vereinbarten 13 Startplätze. Da man nach dem Russland-Desaster in der WM-Qualifikation nicht gesetzt sein wird, drohen dort schwere Gegner und am Ende möglicherweise nur Platz zwei. Nach dem bislang für 32 WM-Teilnehmer geplanten Modus würden sich drei von zehn Gruppenzweiten aus Europa für die WM qualifizieren, bei 48 WM-Teams wären es immerhin sechs.
Wie funktioniert die reformierte Club-WM?
Praktisch sicher ist schon vor dem Miami-Meeting: 2021 wird es vom 17. Juni bis 4. Juli statt des Confederations Cups ein Club-Turnier mit 24 Teams geben. Die FIFA nennt das in ihren Arbeitspapieren Pilot-Turnier. Noch offen ist allerdings, welche Konföderation wie viele Mannschaften stellen darf. Für Europa sind acht bis zwölf Startplätze im Gespräch. Zum Hauen und Stechen wird es kommen, wenn die UEFA entscheiden muss, welche Teams startberechtigt sind. Stand heute hätte der FC Bayern einen Platz sicher. Zum Grenzfall könnte aber Borussia Dortmund werden. Auch die Verteilung der erwarteten hohen Millionen-Einnahmen wird zu grossen Diskussionen führen.
Was ist mit der Global Nations League?
Dieses zweite Infantino-Projekt liegt vorerst auf Eis. Mittlerweile ist auch klar, dass es beim grossen Protest der europäischen Funktionäre hauptsächlich darum ging, dieses Format zu verhindern, um die extrem profitable eigene kontinentale Nations League nicht zu beschädigen. Diesen Teilerfolg können Grindel und Co. im grossen Funktionärs-Disput mit Infantino erst einmal verbuchen - Mammut-WM und Club-WM werden dafür nicht mehr torpediert.
Fliessen nun tatsächlich 25 Milliarden Dollar in die FIFA-Kasse?
Infantinos unmoralisch anmutende Investoren-Offerte - dem Vernehmen nach von einem britisch-asiatischem Konsortium mit Geldgebern aus Saudi-Arabien - ist wohl erstmal vom Tisch. Natürlich fliesst nur für die Club-WM nicht das gleiche Geld wie für ein Paket mit der globalen Nations League. Unklar ist aber, wie es um den von Infantino quasi nebenbei angestrebten Verkauf von lukrativen Lizenz- und Archivrechten aussieht. In der Diskussion um die sportlichen Formate ist der finanzielle Mega-Deal etwas in der Hintergrund geraten. In Miami wird sich zeigen, ob Infantino ein Jahr nach seinem ersten Vorstoss endlich Details wie die Investorennamen publik macht.