Niepmann: «Es hat nun mehr Schweizer auf einem guten Niveau»
Unter den Zuschauern an der Ruder-WM weilte auch Simon Niepmann, 2016 in Rio de Janeiro Olympiasieger im Leichtgewichts-Vierer. Der 34-Jährige gibt Einblick in seine Zeit nach dem Rücktritt.
Das Wichtigste in Kürze
- Niepmann ist nach wie vor im Rudersport engagiert.
Er arbeitet für Swiss Rowing in einem 20-Prozent-Pensum als Assistent der Nachwuchsverantwortlichen Anne-Marie Howald und betreut hauptsächlich die Altersgruppe U23. «Einerseits kann ich meine Erfahrungen weitergeben, andererseits lerne ich selber extrem viel», sagte Niepmann.
«Ich bekomme nun ganz andere Blickwinkel, als Athlet ist ab einem gewissen Niveau vieles selbstverständlich. Es ist eine grosse Herausforderung. Früher dachte ich immer: 'Was machen die Trainer die ganze Zeit?'» Es ist für Niepmann eine dankbare Aufgabe: «Die Jungen kennen mich. Sie sind sehr offen und fragen. Sie sind überrascht, dass auch bei uns nicht immer alles gut war. Das ist die wichtigste Message.»
Niepmann beginnt im Februar mit der Berufstrainerausbildung in Magglingen, da es ihm wichtig ist, eine Legitimation für sein Amt im Verband zu haben. Er kann es sich aber derzeit nicht vorstellen, zu 100 Prozent als Trainer zu arbeiten. «Dann hat man wieder den gleichen Lebensstil wie als Athlet und ist man im Besonderen auf Elite-Niveau sieben Tage die Woche unterwegs. Das schreckt mich aktuell noch ab.»
Ausserdem ist er seit gut einem Jahr im Karriere-Support bei Swiss Olympic angestellt. Dort ist er mitverantwortlich für das Programm Spitzensport und Studium. Konkret geht es darum, die Vereinbarkeit zu verbessern, dass jeder Athlet sein Wunschstudium absolvieren kann. Diesbezüglich nehme die Schweiz definitiv keine Vorreiterrolle ein, «aber es ist schon vieles gegangen in den letzten Jahren».
Als ehemaliger Athlet findet er es «äusserst spannend, immer noch sehr nah am Sportgeschehen zu sein». Verlief der Übergang in die Berufswelt problemlos? «Zu Beginn war es schwierig. Zwar hast du wieder eine Struktur wie vorher im Sport. Es ist dennoch etwas ganz Neues und war deshalb eine Umstellung. Es ist nicht so, dass ich Mühe damit hatte, aber es war auf jeden Fall eine Herausforderung.»
Nach dem Triumph in Rio de Janeiro schloss Niepmann zunächst sein Sport- und Geografiestudium ab. Er machte sich auch lange Gedanken darüber, ob er als Spitzensportler weitermachen soll. Diesbezüglich war er hin- und hergerissen. «Nach sieben, acht Monaten kristallisierte sich heraus, dass es in Richtung Aufhören geht», blickte Niepmann zurück.
Ein Grund war, dass der Leichtgewichts-Vierer aus dem olympischen Programm gestrichen wurde und dadurch seine Perspektiven nicht mehr so gut waren. Ein weiterer Faktor war der enorme Aufwand, der im Rudersport betrieben wird. «Der Entscheid war sehr schwierig, wenn man weiss, man könnte noch und es zu einem gewissen Teil auch noch will. Im Nachhinein betrachtet war es aber genau der richtige Zeitpunkt aufzuhören.» Schliesslich wären für ihn nur weitere Medaillengewinne gut genug gewesen.
Zu seinen ehemaligen Bootskollegen hat er noch so oft wie möglich Kontakt. Sie versuchen, sich einmal im Jahr «zum Jubiläum des Olympiasiegs» zu treffen - und nach Möglichkeit einmal im Winter. Juckt ihn das Rudern noch manchmal? «Das Wettkampf-Feeling reizt mich immer noch.» Die Zukunft im Schweizer Rudersport sieht er sehr positiv, was er unter anderem auf die Zentralisierung in Sarnen zurückführt. «Miteinander zu rudern ist das A und O. Es hat nun mehr Athleten auf einem guten Niveau. Das ist cool zu sehen. Eigentlich sollte es in den nächsten Jahren im Elite-Bereich immer jemanden geben, der vorne mitfahren kann.»