Boxer Sturm zwischen Comeback und Luftschlössern
Felix Sturm ist wieder da. Knapp fünf Jahre nach seinem letzten Kampf. Sein Comeback gegen den Düsseldorfer Timo Rost soll eine Standortbestimmung sein. Danach will er von Grossem träumen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ob Felix Sturm genervt ist, lässt sich bei erstem Blickkontakt nicht beurteilen.
Der 41-Jährige hat sich hinter seiner FFP2-Maske verschanzt. Nur die Augen funkeln bisweilen.
Die Antworten des ehemaligen Boxweltmeisters lassen jedoch weder auf gute Laune noch auf Kommunikationsfreude schliessen. Seine Ziele nach dem Comeback am Samstag? «Das ist alles nebensächlich.» Der Formvergleich zu seiner Weltmeisterzeit vor vielen Jahren? «Was soll ich jetzt erzählen, wie es früher war.» Der Anteil der Dopingstrafe an der dreijährigen Haft? «Sie hätten ja zur Urteilsverkündung kommen können.» Kurzum: Manche Dinge ändern sich nicht. Felix Sturm ist wie immer. Mit seiner Boxkunst kann er begeistern. Ein Mann der Herzen wird er wohl nicht mehr.
Am Samstag (19.30 Uhr/Internetstream bei bild.de) steigt der Kölner in den Ring. Fast fünf Jahre nach seinem letzten Kampf will der einstige Champion von WBA und IBF im Mittel- und Supermittelgewicht wieder seinem Beruf nachgehen. Adnan Catic, wie der in Leverkusen geborene Sohn bosnischer Eltern mit bürgerlichem Namen heisst, will im Universum-Gym am Hamburger Fischmarkt den zwölf Jahre jüngeren Düsseldorfer Timo Rost (12 Kämpfe, 10 Siege) bezwingen. Zuschauer dürfen nicht rein. Es gilt ein strenges Hygienekonzept.
Boxen darf er, weil die Ende April verhängte Haftstrafe von drei Jahren wegen Steuerhinterziehung und Dopings noch nicht rechtskräftig ist. Die Steuerschuld erkennt Sturm an, die Dopingstrafe nicht. Dagegen ist er in Revision gegangen. «Ich habe nicht gedopt», sagt er. Acht Monate hatte er bereits in Untersuchungshaft verbracht, die werden auf die Gesamtstrafe angerechnet.
Warum es einen 41-Jährigen nach knapp fünfjähriger Ringabstinenz zurück in den Boxring treibt, beschreibt Sturm so: «Ich liebe diesen Sport. Das ist meine Leidenschaft.» Beobachter haben da Zweifel. Er brauche Geld, heisst es. Gegen seinen Rivalen am Samstag rollt der Rubel noch nicht. Aber später, so die Hoffnung, könne die Kasse klingeln. Deshalb ist ein Duell mit dem 40 Jahre alten Ex-Weltmeister Arthur Abraham angedacht. Der ist zwar seit fast drei Jahren aus dem Geschäft und hatte zuletzt nur noch Schonkost im Ring abgeliefert, aber der gebürtige Armenier hat einen Namen.
Den hat auch Jürgen Brähmer. «Ich bin bereit. Gegen Felix immer. Wenn die Bedingungen stimmen, sofort», sagt der 42 Jahre alte Ex-Champion. Von Brähmer spricht Sturm aber nicht. Denn der ist weit gefährlicher als Abraham. «Die sportliche Wertigkeit bei Sturm gegen Abraham wäre gleich null», sagt Jean-Marcel Nartz, früher Technischer Leiter von Sauerland und Universum. Gegen Brähmer wäre das anders. Deshalb hat der Schweriner dem Universum-Stall, der eine Option auf fünf weitere Sturm-Kämpfe hat, sein Kampfinteresse schriftlich mitgeteilt. «Noch hat keiner geantwortet», klagt Brähmer.
Derweil schwadroniert Sturm von einem Rückkampf gegen US-Legende Oscar de la Hoya, gegen den er 2004 umstritten verloren hatte. Der 47-jährige de la Hoya stand zuletzt vor zwölf Jahren im Ring. An den Namen Sturm wird er sich vermutlich nicht mehr erinnern. «Klappern gehört zum Handwerk», sagt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer.
«Was soll das Gerede von de la Hoya. Für den deutschen Markt wäre ein Kampf zwischen mir und Felix doch ein Top-Ereignis», sagt Brähmer. Das Duell würde BDB-Chef Pütz auch gern sehen. «Da wüsste ich nicht, wer gewinnt», bekennt er und warnt: «Zu einem Kampf mit einem 27-jährigen Top-Boxer würde ich Felix aber nicht mehr raten.» Das sieht Sturm anders und baut Luftschlösser. Seine Botschaft: «Ich will zum sechsten Mal Weltmeister werden.»