«Missão Final»: RB Leipzig träumt vom Endspiel
Mit nur drei Siegen zum Titel. RB Leipzig ist bereits fünf Tage vor dem Viertelfinale der Champions League nach Lissabon geflogen und hofft auf die grosse Sensation.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit grossen Ambitionen und kleinen Personalsorgen ist RB Leipzig in seine «Missão Final» gestartet.
Am Samstagnachmittag hob die Mannschaft im Charterflieger von Leipzig zum Blitzturnier der Champions League nach Lissabon ab, tags darauf bat Coach Julian Nagelsmann im Stadion des Zweitligisten GD Estoril zur ersten Trainingseinheit am Atlantik. Zu neuen Erkenntnissen dürften eventuell von Viertelfinal-Gegner Atletico Madrid geschickte Spione dabei nicht gekommen sein.
«Das Stadion ist relativ gut einsehbar. Wir werden keine taktischen Finessen mehr trainieren können. Es geht eher um die Frische», sagte Nagelsmann. Das Spiel am 13. August (21.00 Uhr/Sky) hat der ehrgeizige 33-Jährige ohnehin längst bis ins Detail geplant. «Bei so einem Spiel muss man verschiedene Dinge vorbereiten. Bei Atletico glaube ich zu wissen, was der Gegner macht. Ich habe den Plan schon im Kopf, auch die Spieler wissen Bescheid.»
Derweil sorgte am Sonntagabend bei Atlético die Meldung von zwei positiven Corona-Fällen für Aufruhr. Wie der spanische Fussball-Erstligist mitteilte, sei das Team gemäss des UEFA-Protokolls am Samstag getestet worden. Am Sonntag seien dann zwei positive Tests bestätigt worden. Die namentlich nicht genannten Personen hätten sich sofort in häusliche Quarantäne begeben.
RB bereitet sich rund 25 Kilometer westlich von Lissabon in Estoril auf den möglichen Coup vor. Im edlen Palácio Estoril Golf & Spa Hotel fehlt es den Spielern trotz strenger Hygiene-Massnahmen an nichts. Vor dem Atletico-Spiel hat Nagelsmann allerdings noch Personalsorgen. Nationalspieler Marcel Halstenberg und Stürmer Patrik Schick sind nach ihren Rückenproblemen zwar wieder im Training, es fehlt allerdings an der Fitness.
Dennoch ist die Chance auf den Titel aufgrund des einzigartigen Formats mit nur einem Spiel so gross wie nie. Mit nur zwei Siegen steht man bereits im Finale. «Jede Mannschaft hat dieses Jahr, auch durch den Wegfall von Hin- und Rückspiel, die Möglichkeit, den Titel zu holen. Auch wir», sagte Sportdirektor Markus Krösche gegenüber «Sport1». «Und es liegt an uns, unsere Geschichte in Lissabon weiterzuschreiben.»
Dass der zum FC Chelsea gewechselte Timo Werner auf das Turnier verzichtete, sieht Krösche nicht als gravierendes Problem. «Timo war ein wichtiger Spieler für RB. Wir sind aber davon überzeugt, dass wir auch ohne ihn ins Halbfinale einziehen können», sagte der 39-Jährige mit Hinweis auf «unheimlich viele Spieler» wie Patrik Schick, Dani Olmo, Yussuf Poulsen, Christopher Nkunku und Marcel Sabitzer, «die auch Tore schiessen können».
Leipzig wird als Viertelfinal-Neuling Aussenseiter gegen Atletico sein, das 2014 und 2016 bereits im Endspiel stand. «Das tut uns nicht weh, das ist relativ normal. Atletico ist ein grosses europäisches Team», sagte Nagelsmann. Der Coach erwartet dennoch einen zähen Kampf. «Das wird ein Geduldsthema. Atlético hat Erfahrung darin, lange die Null zu halten, und sie bekommen sehr wenige Gegentore. Da dürfen wir nicht blind vorn draufgehen.»
Kevin Kampl will sich mit der Aussenseiterrolle jedoch nicht anfreunden. «Ich glaube nicht, dass es einen grossen Favoriten gibt. Atletico weiss, dass wir eine Top-Mannschaft sind», sagte der Spielmacher. Kampl wies zudem noch einmal auf den Vorteil des verkürzten Modus hin: «So eine Chance kommt vielleicht nie wieder. Es sind nur zwei Spiele bis zum Finale, das ist uns allen bewusst. Niemand will am Freitag nach Hause fliegen.»
Bei RB ist man davon überzeugt, dass der grosse Respekt auf Gegenseitigkeit beruht. «Mein Bauchgefühl ist auch, dass Diego Simeone nicht in Freudentränen ausgebrochen ist, als er uns zugelost bekommen hat», sagte Krösche über Atleticos charismatischen Trainer. Offiziell hatte Simeone sogar von einem 50:50-Spiel gesprochen. So sieht es auch Nagelsmann: «Beide Mannschaften kennen dieses Format mit nur einem Spiel nicht. Deshalb glaube ich, dass die Erfahrung nicht so eine grosse Rolle spielt, wie bei zwei Spielen.»