Werben um Rangnick spaltet den FC Schalke - «Putsch-Versuch»
Der FC Schalke kommt nicht zur Ruhe. Auch nach dem Personal-Beben vor gut zwei Wochen mit der Trennung von Sportvorstand Jochen Schneider und Trainer Christian Gross dominieren negative Schlagzeilen.
Das Wichtigste in Kürze
- Heftige Vorwürfe, grosse Empörung, taktische Machtspiele - beim vom Abstieg bedrohten FC Schalke 04 präsentieren sich derzeit nicht nur die Profis in bedenklicher Form.
Das Werben um Ralf Rangnick hat den Unfrieden im ohnehin kriselnden Traditionsclub noch verstärkt.
Im «Theater der Eitelkeiten» («Funke-Medien») geht weitere wichtige Zeit und viel Energie zur Planung einer dringend benötigten strategischen Neuausrichtung verloren. «Insgesamt ist das für Schalke keine gute Geschichte», klagte Aufsichtsratschef Jens Buchta in der «Süddeutschen Zeitung».
Den ohne Wissen des Aufsichtsrates gestarteten Versuch einer Interessengemeinschaft, den einstigen Schalke-Coach Rangnick als Sportvorstand zu gewinnen, wertete Buchta als «vereinschädigend». Für Empörung sorgte vor allem der angebliche Versuch dieser Gruppe möglicher künftiger Funktionsträger, Sponsoren zu beeinflussen. Laut Buchta soll Werbepartnern «in mindestens einem Fall nahelegt» worden sein, «ihre Engagements zu überdenken, um Druck auf den Verein auszuüben». Nicht zuletzt deshalb war in Führungskreisen sogar von einem «Putsch-Versuch» die Rede.
Angeblich drängen einige der an dieser Aktion beteiligten Vereinsmitglieder aus Wirtschaft, Politik und Umfeld in den Aufsichtsrat, in dem fünf von elf Mandate bei der Mitgliederversammlung am 13. Juni zur Wahl stehen. Dass sich das von dieser Gruppe offenbar als Mittelsmann eingesetzte aktuelle Aufsichtsratsmitglied Stefan Gesenhues mittlerweile für die Überfalltaktik entschuldigt hat, kann Buchta nur bedingt besänftigen: «Ich finde das zunächst einmal ein richtiges Signal von ihm. Gut, dass er eingesehen hat, dass er da einen Fehler gemacht hat.»
Trotz aller Differenzen mit dieser Gruppe bemüht sich nun auch der Verein in offizieller Mission um eine Verpflichtung von Rangnick. Buchta bestätigte eine Kontaktaufnahme zu dessen Berater Marc Kosicke und kündigte weitere Gespräche an. Doch die jüngste Zerreissprobe dürfte die Hemmschwelle für den einstigen Schalke-Coach, nach 2004/2005 und 2011 an die alte Wirkungsstätte zurückzukehren, erhöht haben. Aussagen von Kosicke bei «Sport 1» legen nahe, dass der 62-Jährige derzeit eine andere mögliche Aufgabe zu präferieren scheint: «Ralf Rangnick ist interessiert am Job des Bundestrainers. Er ist Anfang 60 und topfit, das wäre die Krönung seiner Karriere.»
Kosicke widersprach Meldungen, wonach mit Rangnick bereits über Zahlen und Details verhandelt worden sei: «Es wurden zwischen Ralf Rangnick und dieser Schalker Gruppe weniger Sätze gesprochen, als danach darüber geschrieben wurde. Von daher ist das ein Thema, das sich gerade gar nicht stellt. Das ist noch ganz weit weg alles.»
Eine Absage von Rangnick würde den Schalke-Anhang schwer treffen. Mehr als 45 000 Fans haben sich mittlerweile in einer Online-Petition für eine Verpflichtung des Schwaben ausgesprochen. Kosicke machte ihnen zumindest ein bisschen Hoffnung: «So eine Online-Petition ist schon verrückt. Ralf fühlt sich da schon gerührt. Wenn definitiv der ganze Club Schalke 04 hinter Ralf Rangnick steht und ihn unbedingt haben will, während man beim DFB nur halb begeistert ist, dann reizt Ralf das Thema da, wo man am meisten Support hat, mehr.»
Berichte über einen kompletten Austausch der Sportlichen Leitung, die mit der Rückkehr von Rangnick einhergehen könnte, kommentierte die Schalker Kultfigur Gerald Asamoah zurückhaltend: «Ich weiss, dass mit Peter Knäbel, Mike Büskens und meiner Wenigkeit Leute dabei sind, die dem Verein etwas mitgeben können. Aber am Ende liegt der Ball nicht bei uns, sondern bei anderen Leuten», sagte der zum neuen Koordinator der Lizenzspielerabteilung beförderte langjährige Vereinsprofi am Dienstag.
Die anhaltende Krise stimmt auch den 42 Jahre alten ehemalige Nationalspieler, der es in seiner aktiven Zeit auch mit dem damaligen Schalke-Coach Rangnick zu tun bekam, nachdenklich: «Ich bin lange dabei. Aber es ist eine Situation, die ich in meinem Leben auf Schalke noch nie erlebt habe. Es nimmt mich mit.»