«Klares Zeichen» an BVB - Hoeness: «Kopf-an-Kopf-Rennen»
Das Wichtigste in Kürze
- Niko Kovac war perplex, als ein Reporter just in einem Glücksmoment seine ganz grundsätzliche Eignung als Trainer des FC Bayern hinterfragte
Kovac hatte gerade «die gute Reaktion» seines Starensembles nach dem schmerzhaften K.o. in der Champions League und die kraftvolle Botschaft an Borussia Dortmund im Bundesliga-Titelkampf mit dem 6:0 gegen den FSV Mainz 05 gerühmt.
«Man hat den Eindruck, Sie können auch in einer Phase des Umbruchs beim FC Bayern nationale Titel gewinnen. Auf der anderen Seite kommt immer mehr Kritik auf, ob Sie der geeignete Trainer sind, Bayern München zurück in die Top 4 in Europa zu führen. Was halten Sie Ihren Kritikern entgegen?» Der irritierte Kovac beugte sich auf dem Podium des Pressesaals langsam herab zum Mikrofon und entgegnete ironisch: «Starke Frage! Gar nichts! Werden wahrscheinlich recht haben.»
Nach einer kurzen Pause folgte noch ein Zusatz: «Aber alleine in Ihrer Frage haben sie ja schon die Antwort gegeben. Umbruch - und dann, hm, okay.» Und damit war am Sonntagabend die Pressekonferenz nach nur einer Frage abrupt beendet. Das ernüchternde und viele Fragen aufwerfende 1:3 gegen den FC Liverpool können die Bayern und speziell Kovac nicht so leicht abschütteln. Auch Uli Hoeness hat das Aus in Europa selbst nach dem nächsten Liga-Schützenfest «noch nicht» verdaut, wie er bestätigte: «Da brauche ich noch ein paar Tage.»
Die «Generalkritik» im Anschluss an den Liverpool-Auftritt, nach dem der Präsident den eigenen Stars «zu wenig Mumm» vorwarf, hält Hoeness freilich für überzogen: «Danach zu sagen, der FC Bayern ist international nicht konkurrenzfähig, ist mir viel zu weit hergeholt.»
Zumindest national treten die Bayern gerade wieder so dominant auf wie in den vergangenen sechs Meisterjahren. Und das nationale Double (Meisterschaft und Pokalsieg) könnte Kovacs schwieriges erstes Jahr in München doch noch sehr erfolgreich machen. Zumal seine Profis - angetrieben vom dreifachen Torschützen James - gegen wehrlose Mainzer bewiesen, dass sie gegen Liverpool keinen Knacks erlitten hatten und auch nicht in ein Motivationsloch gefallen waren. «Das war ein starkes Zeichen von uns», tönte Thomas Müller. «Wir wollen deutscher Meister werden mit allem, was wir haben», verkündete Kollege Niklas Süle.
Das «rassige Fernduell» mit den punktgleichen Dortmundern «stachelt an», berichtete Müller. Der Zweikampf der punktgleichen Rivalen wird sich nach der Länderspielpause weiter zuspitzen. «Erstmal durchatmen, dann geht es in zwei Wochen weiter. Und in drei Wochen ist das Spiel, auf das alle warten», sagte Müller. Am 6. April kommt es in München zum Showdown der Titelrivalen. Nach drei Siegen mit 17:1 Toren liegen die Bayern nun mit sieben Treffern vorne. «Das Torverhältnis kann ein kleiner Vorteil sein», sagte Hoeness, der sogar ein dramatisches Foto-Finish am 18. Mai für möglich hält: «So, wie es aussieht, wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum letzten Spieltag sein.»
Dass zwischen Bundesliga und Champions League Welten liegen, dafür stand beispielhaft der Gala-Auftritt des 27-jährigen James. Gegen die Mainzer Statisten bekam der Kolumbianer so viel Zeit und Raum, wie es gegen ein Topteam wie Liverpool in keiner Sekunde der Fall war. Das mündete in feinen Spielzügen und sehenswerten Toren von James, Robert Lewandowski, Kingsley Coman sowie dem 18 Jahre jungen Kanadier Alphonso Davies. Der mit Ovationen gefeierte James durfte den Spielball als besonderes Erinnerungsstück mit nach Hause nehmen.
«Ich bin sehr glücklich über meinen ersten Hattrick. Ich hoffe, es kommen noch mehr. Wenn wir auf diese Art weiterspielen, denke ich, werden wir auch Meister», sagte der Mann des Abends. Wer James nur gegen Mainz zaubern sah, müsste den Bayern sofort dazu raten, die 42 Millionen Euro teure Option zu ziehen und den von Real Madrid ausgeliehenen Kolumbianer im Sommer fest zu verpflichten. Aber die Münchner Bosse zögern. «Wir müssen das in der Gesamtbetrachtung am Ende entscheiden, ob man das macht oder nicht», sagte Hoeness und ergänzte: «Schlussendlich muss der Trainer uns sagen, was er will.»
Auch Kovac schwärmte nach James' Gala, nannte dessen Tore «das Sahnestückchen». Zur ungewissen Zukunft des Edeltechnikers hüllte er sich indes in Schweigen, auch der Spieler selbst wich aus. «Man muss gut über alles nachdenken, mit dem Club über alles sprechen.»
Es bleibt spannend beim FC Bayern, auch ohne Champions League. «Wir spielen zumindest in der Bundesliga sehr gut», bemerkte Hoeness. Er bescheinigt den Bayern unter Kovac «im Grossen und Ganzen seit drei Monaten einen sehr guten Fussball». Aber erst der Ausgang des engen Titelrennens mit dem BVB dürfte viele offene Zukunftsfragen klären.