Thomas Tuchel verliert Duell gegen Vorgänger Jürgen Klopp
Das Wichtigste in Kürze
- Thomas Tuchel spricht nach der Niederlage gegen Jürgen Klopp mit den Medien.
- Der FC Liverpool hatte PSG in letzter Minute besiegt.
Für ein Telefongespräch mit der Mama hatte Thomas Tuchel nach der Last-Minute-Niederlage gegen Jürgen Klopps FC Liverpool erst einmal keine Zeit. Den Anruf seiner Mutter wollte der Trainer von Paris Saint-Germain während der Pressekonferenz dann doch nicht annehmen. Kurz stutze er, dann drehte der 45-Jährige mit einem Lausbuben-Lächeln den Bildschirm seines Handys in Richtung der versammelten Journalisten: «Mom called«, sagte Tuchel auf englisch - «Mama hat angerufen». Auf französisch schob der Fussballlehrer hinterher: «Maman a appelé».
Tuchel schien bemüht, die 2:3-Niederlage gegen Liverpool und Klopp nicht allzu schwer zu nehmen. «Das ist Anfield, das ist Liverpool, und Jürgen ist in seiner vierten Saison», sagte Tuchel nach seiner Champions-League-Premiere mit Paris Saint-Germain. «Das kann man sehen, das Spiel ist völlig automatisch und sehr, sehr intensiv.» Seine Botschaft ist klar: Er selbst steht in Paris erst am Anfang.
Das Spiel gegen den Vorjahresfinalisten der Königsklasse am Dienstagabend war die erste Begegnung auf so hohem Niveau seit Tuchels Amtsantritt in Frankreichs Hauptstadt. «Wir sind noch in einer Phase, wo ich dabei bin, meine Spieler kennenzulernen», sagte er. «Und das war eine grosse, grosse, grosse Herausforderung für uns.»
Doch der Dämpfer zum Start in die Gruppenphase der Champions League setzt das Top-Team aus dem Land des Fussball-Weltmeisters gewaltig unter Druck. Da kann der Saisonauftakt in Frankreich für Tuchel und seinen Spitzenkader noch so gut gelaufen sein – letztlich wird auf die Leistung in der Königsklasse geschaut, wo der französische Club in den vergangenen Jahren immer wieder krachend mit seinen grossen Ambitionen gescheitert war.
Entsprechend fiel das Medienecho in Frankreich aus: «Der Weg wird lang sein», titelte die Sportzeitung «L'Équipe» am Mittwoch. Und «Le Parisien» schrieb, PSG habe «nichts Besseres verdient in einer Partie, die es nie beherrscht hat». Der britische «Independent» sieht durch die Niederlage gar Zweifel an der «Bande der Super-Egos» in Tuchels Team geweckt.
Ganz anders in Liverpool. «Es könnte einer dieser Momente gewesen sein, der das Tempo und die Stimmung einer ganzen Saison bestimmt», frohlockte die Londoner «Times» über das Siegtor, das der Ex-Hoffenheimer Roberto Firmino in der zweiten Minute der Nachspielzeit erzielt hatte.
Klopp wertete den Erfolg des Premier-League-Clubs als mehr als nur einen Last-Minute-Sieg. «Ich würde sagen, vor zwei, drei Jahren hätte jeder gedacht, dass wir das nicht schaffen können.» Vor allem habe sein Team grossartig verteidigt, betonte Klopp nach dem Spiel. «Alle elf Spieler waren daran beteiligt.»
Tuchel tröstete sich mit dem Aufbäumen seiner Mannschaft nach dem 0:2-Rückstand: «Die Reaktion danach war top, wir haben nicht die Zuversicht verloren», erklärte er. Er räumte aber auch ein, dass das PSG-Star-Stürmertrio Kylian Mbappé, Edinson Cavani und Neymar sich verbessern müsse, um intensive Spiele auf höchstem Niveau zu entscheiden. Die Zeitung «Le Parisien» war da härter: PSG sei von seinem «MCN»-Trio verraten worden.
Das Blatt «L'Équipe» gestand PSG zu, gezeigt zu haben, dass es aus seinen Ressourcen schöpfen könne, «um einem Gegner dieser Statur standzuhalten». Tuchel brauche noch Zeit, um den Kader «in ein echtes Kollektiv auf kontinentalem Niveau umzuwandeln». «Die Frage ist trotz allem, ob die Ressourcen in Paris ausreichend sind, um in der Champions League so weit zu kommen wie erhofft.» Schon im Rückspiel am 28. November kann Tuchel zeigen, dass er mit seinem Team Fortschritte gemacht hat.
Liverpool war zuhause schon in der 30. Minute mit einem Kopfball von Daniel Sturridge in Führung gegangen, dann verwandelte James Milner einen Foulelfmeter (36.). Thomas Meunier (40.) gelang noch vor der Pause der Anschlusstreffer, Weltmeister Mbappé schaffte in der 83. Minute den zwischenzeitlichen Ausgleich, ehe Firmino kam.
Über den Sieg-Torschützen, der sich gerade erst von einer Verletzung am Auge erholt hatte, sagte Klopp: «Noch gestern gab es keine Chance, absolut keine Chance und heute Morgen kam er und sagte: «Mir geht's gut, ich kann das Auge wieder öffnen». Das ist gut, das hilft! Es war gut.» Die «Daily Mail» feierte den Brasilianer als Helden. Der hielt sich beim Torjubel ein Auge zu.