Matthias Glarner sieht sich weiterhin im Sägemehl
Schwingerkönig Matthias Glarner nimmt Abschied vom Sägemehl. Man darf aber schon jetzt die Gewissheit haben, dass der Schwingsport die Persönlichkeit aus Meiringen nicht verlieren wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Schwingerkönig Matthias Glarner hat das Ende seiner Karriere bekannt gegeben.
- Im Interview erklärt der 34-Jährige diesen Schritt und spricht über seine Zukunft.
Matthias Glarner, wenn ein Schwingerkönig oder überhaupt ein Spitzensportler aufhören will in einem Alter, in dem er noch weitermachen könnte, ist es meist ein Kampf zwischen Herz und Kopf. War es auch bei Ihnen so? Hat der Kopf gewonnen?
Matthias Glarner: «Es war eindeutig so. Aber wenn ich dem Herz gehorchen würde, so würde ich wohl schwingen, bis ich 120 bin. Bei mir standen zuletzt viele Gründe auf der Kontra-Liste, wie zum Beispiel die Gesundheit. Danach sagte der Verstand: Jetzt ist es gut. Ja, ich glaube, es ist der richtige Moment, um aufzuhören.»
Matthias Glarner, Sie hatten schon vor dem Eidgenössischen Fest gesagt, dass Sie Ihren Entscheid, weiterzufahren oder aufzuhören, davon abhängig machen, ob Sie für die Zukunft ein lohnendes Ziel entdecken und vor allem davon, ob Sie einen realistischen Weg zu diesem Ziel erkennen. Einen solchen Weg haben Sie nicht gesehen, wie es scheint.
«Ein klares Ziel zu haben war für mich immer wichtig. Sonst wäre der ganze Aufwand nicht möglich gewesen. Ich hatte mir immer eher langfristige Ziele gesetzt. Und daraus ergab sich dann jeweils der Weg. Ich hatte immer grosse Lust, diesen Weg zu gehen. Ein deutliches Ziel ist jetzt nicht mehr aufgetaucht. Und ich merkte auch, dass das Feuer nicht mehr so gut brennt. Ich fing zwar nach dem Eidgenössischen wieder mit Trainieren an. Aber es war nicht mehr ein Trainieren wie vorher. Ich betrieb hier eher eine Art Alterssport. Das war für mich auch der Moment, mich zu entscheiden. Oder sicher mit ein Grund.»
Am Berner Kantonalfest in Münsingen konnte man sehen, dass Sie wieder gut dabei waren. Matthias Glarner gewann dort fünf Gänge gegen gute Gegner. Sie stellten im Schlussgang und wurden alleiniger Zweiter. Am Eidgenössischen verpassten Sie den Kranz um einen Viertelpunkt. Sie hätten also noch das Potential gehabt, um gut mitzuhalten.
«Von aussen scheint es so zu sein. Aber man muss auch den Aufwand sehen, der hinter diesen Leistungen steckte. Ich war dann auch nicht mehr gewillt, diesen Aufwand auf mich zu nehmen. Und ich wusste auch, dass ich mit dem gleichen Aufwand die Lücke zur nationalen Spitze nicht mehr würde schliessen können.»
Als Turn- und Sportlehrer, Sportwissenschaftler und Schwingerkönig wären Sie besser prädestiniert als sonst jemand, den Jungen etwas weiterzugeben. Ist es schon vorgesehen, dass Sie Ihr Wissen, Ihr Können und Ihre Erfahrung den Jungen zugute kommen lassen? Vielleicht im Berner Oberländer Verband oder im Berner Kantonalverband?
«Sicher noch nicht in den nächsten ein bis zwei Jahren. Ich brauche jetzt ein wenig Abstand von der Schwingerei. Es tut auch denen gut, die noch aktiv sind, wenn ich nicht sofort die Seiten wechsle. Dieser zeitliche Abstand ist wichtig, finde ich. Ich werde später sicher in Trainings gehen, weil ich immer noch Freude am Schwingen habe. Die Jungen, die profitieren wollen oder Fragen haben, dürfen jederzeit zu mir kommen. Ich habe jetzt auch mehr Zeit und muss nicht mehr auf mich schauen. Ich werde auch mit diversen Schwingkursen unterwegs sein. Ich sehe die weitere Zukunft für mich auch im Sägemehl, weil ich Schweiss und Sägemehlgeschmack brauche.»