Roger Federer gehört in Wimbledon erneut zum engsten Favoritenkreis

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Bern,

Einmal mehr tritt Roger Federer in Wimbledon als Mitfavorit auf den Titel an. Das Timing für ein weiteres Hurra des Schweizer Rekordsiegers im Südwesten Londons scheint perfekt.

Roger Federer Wimbledon
Roger Federer ist bereit für Wimbledon. Nach seinem erfolgreichen Frühling und dem zehnten Triumph am Turnier in Halle scheint das Timing für ein weiteres Hurra des Schweizer Rekordsiegers im Südwesten Londons perfekt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Unterstrich Rafael Nadal mit seinem zwölften Titel am French Open erneut, dass er der König auf Sand ist, gehört dieser Titel auf Rasen Roger Federer.

Acht Triumphe in Wimbledon, zehn in Halle, einen in Stuttgart und eine Matchbilanz von 181:26 Siege machen den bald 38-jährigen Baselbieter zum besten Rasen-Spieler der Geschichte.

Federer machte nie einen Hehl daraus, dass Wimbledon für ihn das Nonplusultra ist. Dort gewann er 1998 den Titel bei den Junioren, stürzte er 2001 sein Idol Pete Sampras, schaffte er 2003 mit seinem ersten Grand-Slam-Titel den Durchbruch und übertraf er 2009 mit seinem 15. Major-Triumph Sampras, ehe er 2017 mit dem achten Titel zum alleinigen Rekordsieger im All England Lawn Tennis and Croquet Club aufstieg.

Dass Federer auch bei seiner 21. Teilnahme neben Novak Djokovic der Mann ist, den es zu schlagen gilt, ist keine Selbstverständlichkeit. Noch vor fünf Monaten hatten die Perspektiven Federers weniger rosig ausgesehen. Gegen Stefanos Tsitsipas war er in den Achtelfinals am Australian Open gescheitert und bezog damit eine weitere überraschende Niederlage an einem Grand-Slam-Turnier. In Wimbledon 2018 erwies sich Kevin Anderson in den Viertelfinals als zu stark, am US Open stoppten ihn die Hitze und John Millman in den Achtelfinals. Der Fall aus den Top Ten drohte.

Doch wie so oft, wenn Kritiker den sportlichen Niedergang Federers zu erahnen glaubten, zeigte dieser eine eindrückliche Reaktion. 29:3 Siege lautet seit Melbourne die Matchbilanz des 37-Jährigen, mit den Triumphen in Dubai, Miami und Halle schraubte er sein Total auf 102 Turniersiege. Die Rückkehr auf Sand nach drei Jahren glückte, in Paris erreichte Federer erstmals seit dem letzten Grand-Slam-Sieg in Melbourne 2018 wieder die Halbfinals an einem Major-Turnier – zum 44. Mal in seiner Karriere.

Während bei Federer der Fahrplan stimmt, ranken sich um Djokovic und Nadal Fragezeichen, verzichteten doch beide auf die Teilnahme an einem Vorbereitungsturnier. Djokovic - Titelverteidiger und vierfacher Champion - wird bei den Buchmachern zwar als Topfavorit gehandelt, wirkte in Paris aber sportlich und mental nicht mehr so stark wie an den Grand-Slam-Turnieren zuvor. Und für Nadal ist Wimbledon kein Selbstläufer. Seit seinem letzten Triumph 2010 kassierte der Spanier fünf frühe Niederlagen, vier davon gegen Spieler mit dreistelligem Ranking.

Trotzdem würde es überraschen, wenn in zwei Wochen nicht einer der drei Dominatoren der letzten 15 Jahre den Pokal in die Höhe stemmen würde. Dass sie dereinst abgelöst würden, wiederholte Federer auch nach seinem Sieg in Halle - die Frage ist nur: wann? In den Vorbereitungsturnieren spielte sich keiner der möglichen Thronfolger wie Tsitsipas, Alexander Zverev oder Karen Chatschanow in den Fokus, die Sieger der Turniere in Stuttgart, 's Hertogenbosch und Queens hiessen Matteo Berrettini, Adrian Mannarino und Feliciano Lopez.

Auch Stan Wawrinka dürfte an der Hierarchie nichts ändern. Der dreifache Major-Sieger bewies zwar in Roland Garros, dass er sich seiner Bestform weiter angenähert hat, Rasen war aber schon immer seine schwächste Unterlage. Von den letzten fünf Partien in Wimbledon verlor er deren drei, für mehr als die Viertelfinals reichte es nie. Mit Daniel Vallverdu verstärkte der 34-jährige Waadtländer sein Trainerteam für die Rasensaison, das Turnier an der Church Road wird zeigen, ob die Zusammenarbeit mit dem früheren Coach von Grigor Dimitrov Früchte trägt.

Fehlen wird in Wimbledon Juan Martin del Potro. Der Argentinier brach sich im Londoner Queen's Club die Kniescheibe. Andy Murray, der Wimbledon-Sieger von 2013 und 2016, wird nach seinem erfolgreichen Comeback nach der neuerlichen Hüftoperation nur im Doppel und eventuell im Mixed antreten.

Erstmals in diesem Jahr wird ein entscheidender Satz nicht mehr ausgespielt. Beim Stand von 12:12 kommt es zum Tiebreak, womit Partien wie das Duell von 2010 zwischen John Isner und Nicolas Mahut nicht mehr möglich sind, als der Amerikaner nach 11:05 Stunden die Partie mit 70:68 im fünften Satz für sich entschied. Neben dem Centre Court kann nun erstmals auch der Court Nummer 1, der zweitgrösste Platz der Anlage, bei Regen geschlossen werden.

Die Ausgangslage im Frauen-Turnier in Wimbledon präsentiert sich offen, eine klare Favoritin ist nicht auszumachen. Zum Kreis der gefährlichen Aussenseiterinnen gehört auch die Schweizerin Belinda Bencic.

Bencic (WTA 13) fühlte sich von Beginn ihrer Karriere an wohl auf Rasen. Die Junioren-Siegerin in Wimbledon 2013 gewann auf dieser Unterlage 2015 in Eastbourne ihr erstes WTA-Turnier und erreichte in Wimbledon schon zweimal die Achtelfinals. Bei einer guten Auslosung ist der 22-Jährigen aus Wollerau, die eine starke Saison spielt und am Sonntag den Sieg am Turnier auf Mallorca nur knapp verpasste, einiges zuzutrauen.

Bencic ist die Leaderin des Schweizer Quintetts, das Viktorija Golubic (WTA 83), die Wimbledon-Debütantin Jil Teichmann (WTA 91), Timea Bacsinszky (WTA 93) und Stefanie Vögele (WTA 100) komplettieren. Mit Ausnahme von Bencic wäre jeder Schweizer Einzelsieg bereits ein Erfolg.

Im Gegensatz zu den Männern sind die Prognosen bei den Frauen vor Grand-Slam-Turnieren seit dem Ende der Dominanz von Serena Williams schwierig geworden. Die letzten zehn Major-Turniere brachten neun verschiedene Siegerinnen hervor.

Die Spielerin der Stunde ist die Australierin Ashleigh Barty, die Gewinnerin des French Open und seit Montag die Nummer 1 der Welt. Zum Kreis der Favoritinnen gehören auch die deutsche Titelverteidigerin Angelique Kerber, die siebenfache Siegerin Serena Williams sowie Petra Kvitova, die 2011 und 2014 in Wimbledon triumphierte.

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