Lara Gut Behrami will Enttäuschungen hinter sich lassen
Lara Gut Behrami will im Riesenslalom die Zeit der Enttäuschungen hinter sich lassen. Vor dem Prolog in Sölden überragt noch die Ungewissheit die Zuversicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor dem Saisonstart hat Lara Gut Behrami im Ski-Weltcup etwas zu beweisen.
- Beim Riesenslalom auf dem Rettenbachferner will sie zu alter Stärke zurückkehren.
- Allerdings ist nach zwei Verletzungspausen auch die Unsicherheit mit im Starthaus.
Lara Gut Behrami nimmt auf dem Rettenbachferner im Riesenslalom noch einmal Anlauf. Dort, wo sie bereits nach ihren zwei schweren Verletzungen und langen Wettkampfpausen wieder ins Renngeschehen eingegriffen hat. Vor neun Jahren war sie im Ötztal nach einer Hüftluxation zurückgekehrt. Vor zwei Jahren nach dem Kreuzbandriss und dem Meniskusschaden im linken Knie.
Diesmal rührt das Ungewisse nicht von überstandenen körperlichen Problemen her. Nunmehr versucht die Tessinerin nach zwei Wintern mit vielen Enttäuschungen im Riesenslalom wieder vorne Fuss zu fassen. Wenig war in der Basisdisziplin übrig geblieben vom Glanz früherer Tage.
In der vergangenen Saison hatte es nie zu einer Klassierung in den ersten zehn gereicht. Wo sie in den Tagen vor dem traditionellen Prolog steht, kann Gut-Behrami nicht sagen. «In den Trainings wird vor allem auf die Details geachtet. Deshalb weiss ich nur im Rennen, ob es wirklich passt.»
Lara Gut Behrami sucht Vertrauen
Wirklich passen heisst, dass das Gefühl für die Ski da ist, das Vertrauen und die Sicherheit vorhanden sind. All diese Faktoren hatte Gut Behrami nach ihrer an der WM in St. Moritz erlittenen Knieverletzung nicht mehr zusammenfügen können. Nun hofft sie, die resultatmässige Talsohle durchschritten zu haben.
«Ich habe ja oft bewiesen, dass ich in allen meinen Disziplinen auf hohem Niveau fahren kann.» Sie nennt die Winter 13/14 und 15/16 als Beispiele. Zwei ihrer vier Riesenslalom-Siege in jener Phase hatte sie in Sölden errungen, vor sechs und vor drei Jahren.
Seit ihrer letzten Zwangspause hat sich Lara Gut Behrami viele Gedanken gemacht. «Oft rede ich mit meinem Vater darüber, wie viele Stunden wir schon auf dem Sessellift oder mit Warten verbracht haben.» Oft hat sie sich die Sinnfrage gestellt, das letzte Mal vor ein paar Wochen in Zermatt.
Sie sei um Viertel vor sechs aufgestanden, erzählt sie, danach habe sie sechs Fahrten absolviert. «Das heisst, ich war drei Minuten am Skifahren. Da frage ich mich dann schon, ob sich das alles lohnt. Da denke ich sogar, dass das Ganze sinnlos ist - aber so ist eben das Skifahren.»
Mit Ehemann Valon zurück nach Udine
Lara Gut Behrami geht noch einen Schritt weiter. Es gibt Momente, in denen sie sich die Frage stellt, ob sie das Leben als Skirennfahrerin noch glücklich macht. «Ich mag das, was ich mache, nach wie vor.»
Sie erwähnt die Leidenschaft, die sie beim Skifahren noch immer verspüre. «Aber in mir ist auch das Verlangen, zu Hause zu sein.» Das Zuhause, das ist wieder Udine. Gut Behrami und ihr Mann Valon Behrami haben entschieden, ihren Lebensmittelpunkt wieder ins Friaul zu verlegen.
Neben dem Wohnortswechsel nahm Lara Gut Behrami auch eine personelle Rochade vor. Im Frühling beendete sie nach 14 Jahren die Zusammenarbeit mit Konditionstrainer Patrick Flaction. «Mein Körper hat einen neuen Impuls nötig gehabt.»
Privatteam ist «der richtige Weg»
Auf den Walliser folgte der Spanier Alejo Hervas. «Ihn kenne ich, seit ich zwölf Jahre alt bin. Damals durfte ich mit den Spanierinnen, bei denen Alejo Coach war, mittrainieren.»
Auf eine andere Bezugsperson muss Lara Gut Behrami vollends verzichten. Eine eigene Medienverantwortliche steht ihr nicht mehr zur Verfügung. Das persönliche Umfeld bildet nach wie vor das Privatteam. «Ich bin immer noch überzeugt, dass dies der richtige Weg ist», sagt Gut Behrami.
Nicht mehr vollends überzeugt davon sind die Verantwortlichen von Swiss-Ski. Nach dem vergangenen Winter gab es über die Beibehaltung des Projekts Diskussionen. Beim Blick auf die jüngsten Ergebnisse der Tessinerin erstaunt das nicht.
Es liegt an ihr, sich mit starken Leistungen für die nächsten Verhandlungen wieder in eine bessere Position zu bringen. Sölden soll erste Aufschlüsse liefern. Zumindest darüber, wohin ihr Weg im Riesenslalom führen wird.