Ramon Zenhäusern ist ein liebenswert komplizierter Riese
Ramon Zenhäusern ist Teil des Schweizer Slalom-Teams. Am Sonntag erwartet ihn ein Doppel-Einsatz. Was den Zwei-Meter-Mann auszeichnet, verrät Dider Plaschy.
Das Wichtigste in Kürze
- Ramon Zenhäusern steht am Sonntag gleich doppelt im Einsatz.
- «Lieber Mensch, manchmal etwas kompliziert», schätzt Didier Plaschy den 26-Jährigen ein.
Die Zeit der Reduzierung durch Dritte auf seine Körpergrösse ist vorbei. Endgültig. Ramon Zenhäusern ist mehr als nur zwei Meter lang. Der Walliser hat bei den Olympischen Spielen in PyeongChang die Silbermedaille im Slalom und die Goldmedaille mit der Mannschaft geholt. Und dies obwohl früher daran gezweifelt worden ist, ob der heute 26-Jährige wegen seiner Körperlänge überhaupt als Slalomfahrer etwas taugt. Tut er, das hat Zenhäusern bewiesen.
Und weil er in dieser Disziplin, und auch in den Parallelrennen, zur Weltspitze gehört, ist er als einer von sechs Top-Athleten auch für die morgen Sonntag stattfindende Wahl des «Schweizer Sportler des Jahres» nominiert worden. Diese Ehre bedeutet für Zenhäusern aber auch Stress. Denn für morgen Sonntag ist in Val d'Isère ein Slalom-Rennen geplant. Damit der junge Mann aus Bürchen rechtzeitig, geduscht und elegant gekleidet bei der Gala in Zürich erscheinen kann, steht ein Helikopter bereit.
Von Didier Plaschy trainiert
Weil zu Zenhäuserns Charaktereigenschaften auch eine gewisse Sturheit gehört, steht er als Sportler überhaupt da, wo er jetzt ist. Ein Trio hat daran geglaubt, dass, der Körperlänge zum Trotz, aus Ramon ein erfolgreicher Slalom-Fahrer werden kann. An erster Stelle natürlich Ramon selbst. Daneben sein Vater, Förderer und heutiger Manager Peter, sowie der ehemalige Weltcup-Fahrer Didier Plaschy. Der Manager-Vater musste, den Olympiamedaillen zum Trotz, im Sommer viele Stunden und Tage in die Suche nach einem Kopfsponsor investieren. Erst kurz vor Saisonbeginn hat es dann geklappt.
Plaschy, der Trainer, auch er Walliser, gilt als Nonkonformist und Ausbildner mit eigenen und eigenwilligen Vorstellungen. Vorab im Sommer haben Zenhäusern und Plaschy gemeinsam gearbeitet und das Ziel des 45-Jährigen war immer, dass sein Schützling zentral über dem Ski steht. Denn nur gut ausbalanciert hat der mit langen Hebeln ausgerüstete Slalom-Fahrer eine Chance, schnell um die Tore fahren zu können. Soviel zu den skitechnischen Skills.
«Dürfte öfter auch mal etwas egoistischer sein»
Wie aber schätzt Plaschy den Menschen Zenhäusern ein? Was zeichnet den Mann aus, der mit seinem «Bireweich»-Sager im österreichischen Fernsehen unabsichtlich grosse Heiterkeit verbreitet hatte? «Ramon ist ein lieber Mensch, der öfter auch mal etwas egoistischer sein dürfte», sagt Plaschy. Er habe in den letzten Jahren lernen müssen – und dieses auch gelernt – Grenzen zu setzen.
Der 26-Jährige zeichne sich in der Zusammenarbeit als hellhöriger und wachsamer Zuhörer aus. «Er ist motiviert, nimmt enorm Vieles auf und ist dadurch auch sehr fordernd. Ramon hinterfragt Dinge und will wissen, was ihm eine Handlung oder eine Entscheidung konkret bringe. Dadurch wirkt er gelegentlich auch etwas kompliziert.»
Dass sich bei Ramon Zenhäusern die wirklichen sportlichen Erfolge erst jetzt und nicht schon mit 21 oder 22 Jahren einstellen, überrascht nicht. «Bei mir ist eigentlich nie etwas schnell gegangen, dafür aber immer Schritt für Schritt vorwärts», sagt der Wirtschaftsstudent der Fernuni Schweiz. Am Sonntag aber muss es schnell gehen. Im doppelten Sinn. Schnell zwischen den Toren des Slaloms in Val d‘Isère, schnell mit dem Helikopter nach Zürich – dann, im eleganten Anzug, kann die Entschleunigung einsetzen. Vorübergehend und bis zum nächsten Rennen.