Wie der Wintersport die Zukunft plant

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Deutschland,

Immer weniger Schnee und hohe Temperaturen zwingen Sportarten wie Skispringen und Biathlon zum Umdenken. Ein Rennleiter träumt davon, eine Art Formel 1 des Winters zu werden.

Der Klimawandel macht sich im Wintersport besonders bemerkbar.
Der Klimawandel macht sich im Wintersport besonders bemerkbar. - Sven Hoppe/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Schmale, weisse Schneebänder inmitten einer grünen Landschaft werden für den Wintersport zum Alarmsignal.

Wie geht es weiter, wenn es immer wärmer wird und selbst die Kunstschneeproduktion schwerfällt?

Angesichts der immer kniffligeren Verhältnisse in vielen Wintersportregionen braucht es für die Zukunft neue Ideen und frische Konzepte. Die Überlegungen reichen von einer Expansion in winterfeste Gebiete bis hin zu Alternativen ohne Schnee.

Skispringen als ganzjährige und globale Sportart, die nicht mehr von den Wintermonaten abhängt? Biathlon als City-Event auf Skirollern in Metropolen statt wie bisher in herrlichen Alpenorten? Was vor 20 Jahren undenkbar erschien, könnte angesichts der ernsten Wintersportbedrohung zur echten Option werden. Auch im Eiskanal werden grössere Veränderungen diskutiert.

Skispringen – Formel 1 des Winters?

Geht es nach Rennleiter Sandro Pertile, wird Skispringen künftig die Formel 1 des Winters. «Wir wollen ein globaler Sport werden, denn im Moment sind wir ein zu europäischer Sport. Wir wollen uns mehr nach Osten und Westen ausdehnen», sagte Pertile der «Heilbronner Stimme». Aktuell finden die meisten Skisprung-Weltcups in Europa statt. Nur ab und an gibt es Weltcups in Japan oder den USA, andere Ausrichter sind eine Seltenheit.

Doch die Expansionspläne des Italieners sehen die Springer eher skeptisch. «Wir beschweren uns auf keinen Fall, wenn wir viele Wettkämpfe haben. Ich weiss nicht, ob wir mit der Formel 1 vergleichbar sind. Da ist der Weg schon relativ weit, da ist deutlich weniger Geld im Skispringen», sagte Skispringer Constantin Schmid der Deutschen Presse-Agentur. Ähnlich sieht es auch Teamkollege Karl Geiger: «Ich glaube, man muss immer offen sein für Neues. Formel 1 ist nochmal ein bisschen ein anderes Business.»

Olympiasieger Andreas Wellinger zweifelt ebenfalls an den Plänen. «Auf jedem Kontinent wird bei uns nicht funktionieren», sagte der 27-Jährige, der sich aber grundsätzlich offen für neue Wettkampforte zeigt. Den Weltcup-Kalender zukünftig zu gestalten sieht Wellinger als eine «schwierige Challenge». Bei der Planung entscheidend ist auch die Frage: Kunstschnee oder Matte?

In dieser Saison begann der Skisprung-Weltcup früher, um Terminkollisionen mit der Fussball-WM in Katar zu vermeiden – und zwar im Grünen statt wie gewohnt auf weissem Untergrund. Eine Option, die auch abseits der Expansionspläne zukunftsfähig scheint. «Das Gute am Skispringen ist, man kann es ja auch ohne Schnee machen. Wir können auch auf Matten springen und ich glaube, notfalls ist das die Alternative», sagte Skispringerin Katharina Althaus. Mit einem Saisonstart in den USA oder Kanada hätte sie ebenfalls kein Problem.

Biathlon auf Skirollern?

Wettkampfformen ohne Schnee scheinen auch im Biathlon eine Alternative. «Vielleicht ist das auch die Zukunft, dass es ein Sommerevent wird», sagte der Ex-Biathlet Erik Lesser in einem Interview der «Zeit». «Wenn wir im Sommer Wettkämpfe machen und mehr Leute ansprechen wollen, kann man sich auch Lasergewehre auf den Rücken schnallen und in den Städten Biathlon machen! Weltcup in Downtown Oslo, Weltcup in Downtown München. Ich glaube, da gibt es eine Menge Potenzial.» Grossstädte sind – abgesehen vom Holmenkollen in Oslo – im Wintersport eher eine Seltenheit, stattdessen geht es oft in kleine Orte wie Ruhpolding oder Hochfilzen.

Aktuell gibt es im Biathlon in den Sommermonaten nur einige wenige Show-Events auf Skirollern. Doch der sportliche Wert der Sommer-Wettbewerbe könnte steigen. «Für mich gehört es schon zusammen, Langlauf und Schnee, Winter und Biathlon, aber wenn es so sein soll, können wir es auch stemmen, der Zuschauer gewöhnt sich auch da dran, irgendwie geht es immer», sagte Olympiasiegerin und Ex-Biathletin Laura Dahlmeier. Die drohende Veränderung ist real, die Aktiven und Ehemaligen beschäftigen sich konkret mit dem Thema.

Eine Zukunft des Biathlons als Wintersport hierzulande scheint kaum möglich. «In 20 Jahren wird Wintersport in Mitteleuropa vielleicht abgeschafft sein, weil die Bedingungen einfach so sind, dass man nicht mehr genug Schnee produzieren kann», sagte Lesser. Der Sport werde dann eher Richtung Nordamerika oder Asien wandern.

Seitens des Biathlon-Weltverbands sind derartige Expansionspläne bis zum Jahr 2030 fast ausgeschlossen. Die bisher alle vier Jahre stattfindenden zwei Weltcups in den USA und Kanada sind traditionell schlecht besucht. Da in Nordamerika und besonders in Asien ein Markt für Biathlon fehlt, bleibt Europa im Weltcup-Kalender zunächst die klare Priorität.

Zu hohe Transportkosten

Auch der hohe Reise- und Transportaufwand sowie die Zeitverschiebung sprechen gegen die Expansion. Im Bobsport, in dem es Überlegungen für eine Asien und Amerika-Tour gibt, können sich viele Nationen die enorm gestiegenen Transportkosten schon jetzt kaum mehr leisten.

Mit Blick auf die klimatischen Veränderungen ist hier ein späterer Saisonstart eine Option. «Im Oktober hat es mitunter 20 Grad, da schwimmt dir die Bahn quasi weg. Da sind wir gut bedient, wenn wir einen Monat später vereisen und die Saison einen Monat länger laufen lassen», sagte Rennrodlerin Dajana Eitberger. Auch Vorzeigerodler Felix Loch sprach sich für einen späteren Saisonstart aus.

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