Ergänzungsleistungen: Nationalrat zeigt kein Herz für Arme
Zehntausende alte und behinderte Menschen müssen möglicherweise bald mit weniger Geld auskommen. Der Nationalrat hat beschlossen, Anspruch und Höhe der Ergänzungsleistungen (EL) einzuschränken.
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Nau - Ergänzungsleistungen: Nationalrat zeigt kein Herz für Arme
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hat die Berechnungsgrundlagen für Ergänzungsleistungen beraten.
- Die Linke klagt, es werde auf dem Buckel der Ärmsten gespart.
- FDP und SVP setzen sich durch mit Sparanträgen, die mittlerweile nötig geworden seien.
Sparen bei Ehegatten, Krankenkassenprämien…
Zum Beispiel will der Nationalrat bei der EL-Berechnung das Einkommen von Ehegatten voll anrechnen. Bisher wurden nur zwei Drittel des Einkommens berücksichtigt. Allein damit werden 50 Millionen Franken gespart. Angelo Barrile (SP/ZH) wies vergeblich darauf hin, dass es sich um Ehegatten von Personen mit einer Behinderung handle, die wichtige Betreuungsaufgaben wahrnähmen.
Gespart wird auch bei den Krankenkassenprämien. Statt einer Pauschale wird künftig nur noch die effektiv bezahlte Prämie berücksichtigt. Nach dem Willen des Ständerats soll diese nicht höher sein als die drittgünstigste Prämie im Kanton. Der Nationalrat will den Kantonen diesbezüglich aber keine Vorgaben machen.
Am Donnerstag hat der Nationalrat die am Mittwoch unterbrochene Debatte zu Ende geführt. Dabei baute er weitere Hürden ein und machte die EL-Reform zu einer Sparvorlage. Nach Angaben von Bundespräsident Alain Berset belaufen sich die Einsparungen nach den Beschlüssen des Nationalrats auf über 700 Millionen Franken. Das ist fast dreimal so viel wie im Ständerat.
…und Mieten
Bereits am Mittwoch hatte der Nationalrat beschlossen, die für die EL anrechenbaren Mietzinse nur geringfügig anzuheben. In der Stadt gibt es für Alleinstehende 100 Franken mehr pro Monat, für Ehepaare rund 150 Franken. Auf dem Land bleiben die Beiträge für Alleinstehende unverändert.
Kantone bekommen sogar die Möglichkeit, je nach Lage auf dem Wohnungsmarkt die anrechenbaren Mietzinse um bis zu 10 Prozent zu kürzen. Damit könnten die Beträge tiefer ausfallen als heute. Dagegen hatte der Bundesrat festgestellt, dass zehntausende AHV- und IV-Rentner mit den Höchstbeträgen die Miete nicht decken können.
Referendums-Drohung
Für SP-Nationalrätin Silvia Schenker (s. Video) ist klar: «Das ist eine Abbau-Vorlage! Es wird gespart auf dem Buckel der Ärmsten.» Die Rentnerinnen- und Rentnerorganisation AVIVO erwägt bereits ein Referendum.
SVP-Nationalrätin Verena Herzog mahnt dagegen, es gehe um die Sicherung der EL: Schliesslich gebe es heute 50 Prozent mehr Bezüger. Fehlanreize, mit denen Familen im Tieflohnsegment weniger verdienten als EL-Bezüger, müssten beseitigt werden.
Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.