Friedensforscher: Zukunft des Iran-Deals auch unter Biden ungewiss

Der Direktor des Friedensforschungsinstituts Sipri sieht die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran unter dem künftigen US-Präsidenten Joe Biden mit Skepsis. Auch wenn der Demokrat andere strategische Schwerpunkte als Noch-Amtsinhaber Donald Trump verfolgen und sich von dessen Politikstil verabschieden sollte: «Eine erfolgreiche Wiederaufnahme des Abkommens könnte mehr politisches Kapital kosten, als Joe Biden bereit ist zu investieren», sagte Institutsdirektor Dan Smith der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). Ähnlich sei es im Iran: «Auch dort ist die Stimmung gekippt, weil das Abkommen nicht gehalten hat, was versprochen war.»

Wahlsieger Joe Biden - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Weder sei der Iran infolge des Deals wieder vollständig an den Welthandel angebunden worden, noch hätten sich internationale Investoren in grösserer Zahl ins Land getraut.

«Aus Sicht der iranischen Führung bedürfte es seitens der USA also eines ganz besonderen Angebots, um sich dem Abkommen wieder voll und ganz verpflichtet zu fühlen», sagte Smith. «Ich sehe nicht, was Biden da auf den Tisch legen könnte, ohne dass der Iran freiwillig einen unwahrscheinlichen Vertrauensvorschuss gewährt.»

Für die transatlantische Militärallianz sei Bidens Wahlsieg zwar fraglos von Vorteil, allzu grosse Hoffnungen sollten sich die Nato-Verbündeten aus Sicht des Stockholmer Friedensforschers aber nicht machen. «Joe Biden wird niemand sein, der bei Nato-Treffen andere Teilnehmer beiseite schubst, um wie Donald Trump in der ersten Reihe zu stehen. Aber er wird die Europäer durchaus auffordern, einen angemessenen Beitrag für die eigene Verteidigung beizusteuern, da sollte man sich keiner Illusion hingeben.»

Smith rechnet zudem fest damit, dass die Vereinigten Staaten die Modernisierung ihres nuklearen Waffenarsenals auch unter dem neuen Präsidenten vorantreiben werden. «Gleichzeitig gehe ich aber davon aus, dass Biden versuchen wird, die bilaterale Rüstungskontrolle mit Russland wiederzubeleben.» Die Gelegenheit dazu biete sich unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 20. Januar: Um das im Februar auslaufende Abrüstungsabkommen «New Start» zu verlängern, müssten Biden und Kreml-Chef Wladimir Putin nur zum Telefon greifen. «Ich hoffe darauf, dass Joe Biden das nach seiner Amtseinführung in die Hand nehmen wird. Denn mit der Verlängerung von »New Start« gäbe es die notwendige Zeit, um eine ernsthafte Perspektive für Abrüstung und Rüstungskontrolle nach 2026 zu entwickeln.»