Das erwartet den verurteilten Schweizer im Marokko-Knast

Schlafentzug, Schläge und Misshandlungen: Der zu 20 Jahren Haft verurteilte Schweizer muss in Marokko mit Folter und prekären Hygiene-Bedingungen rechnen.

Sicherheitskräfte stehen vor dem Gericht in Salé in Marokko. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Donnerstag wurde in Marokko ein 26-jähriger Schweizer zu 20 Jahren Haft verurteilt.
  • Das EDA und Amnesty International warnen vor den Bedingungen in den Gefängnissen.

Im Prozess um die Ermordung zweier skandinavischer Touristinnen wurde ein Schweizer am gestrigen Donnerstag in Marokko zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Drei Hauptverdächtige erhielten die Todesstrafe.

Der wegen «Gründung einer terroristischen Organisation» verurteilte Genfer Kevin Z. hatte dabei stets seine Unschuld beteuert. Laut Gericht soll er den drei Haupttätern aber den Umgang mit Waffen und das Verschlüsseln von Nachrichten beigebracht haben.

Nun muss der schweizerisch-spanische Doppelbürger in Marokko für 20 Jahre hinter Gitter. Doch was erwartet den 26-Jährigen dort?

Mangelnde Hygiene und überfüllte Zellen

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) warnt vor «prekären Haftbedingungen» in Marokko. Gefängnisinsassen müssten sich dort unter anderem auf überfüllte Zellen und mangelnde Hygiene einstellen.

Mit dem Mord an den 24- und 28-jährigen Frauen im letzten Dezember als Beispiel weist das EDA zudem auf das grosse Risiko von terroristischen Akten hin.

Mehrmals ertränkt und wiederbelebt

Gegenüber «Amnesty International» erzählt ein verurteilter Familienvater, dass Folter im marokkanischen Knast zum Alltag gehört. 2010 wurde der heute 55-Jährige zwölf Tage lang verprügelt, ertränkt und dann wiederbelebt. «Ich habe gedacht, ich werde sterben oder wahnsinnig werden.»

Gewalttätige Wärter im marokkanischen Gefängnis «Oukacha Casablanca».

Ali Aarrass wurde vorgeworfen, ein Terrorist zu sein. Als er nicht mehr konnte, gestand er schliesslich und wurde 2011 wegen «illegalen Waffenbesitzes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung» zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Später wurde die Strafe auf 12 Jahre verringert. Das Urteil beruhte dabei lediglich auf der Aussage unter Folter.

Bis heute sitzt Aarrass hinter Gittern. Im Gefängnis gehe die Folter dabei weiter, erzählt der marokkanisch-belgische Doppelbürger der Menschenrechts-Organisation. Täglich kämpfen die Insassen mit Schlafentzug und angedrohter Vergewaltigung.

Trotz der Uno-Antifolterkonvention seien Folterpraktiken in Marokko laut Amnesty International weit verbreitet. Mängel im Justizsystem begünstigen dabei das prekäre Klima.

«Unfairer» Prozess

Saskia Ditisheim, die Anwältin von Kevin Z., kritisiert gegenüber «10vor10», dass die Haftstrafe «unverhältnismässig» und der Prozess «unfair» gewesen seien. Man habe ihm beispielsweise das Durchlesen seiner eigenen Aussage nicht erlaubt. Zudem sei kein Zeuge beim Verhör dabei gewesen.

Saskia Ditisheim, Anwältin von Kevin Z., bezeichnet die Höhe der Haftstrafe als «unverhältnismässig»- - Screenshot/SRF

Die Mutter und die Frau des Genfers seien «völlig am Boden zerstört». Kevin Z. sei bis zum Schluss überzeugt gewesen, «dass er heute freikommt und nach Hause gehen kann».