Eltern und Schüler treiben südkoreanische Lehrer in den Suizid

In Südkorea haben mehrere Suizide unter Lehrkräften zu Protesten geführt: Rund 100'000 Personen gingen für bessere Arbeitsbedingungen auf die Strasse.

In Südkorea demonstrieren Tausende Lehrpersonen gegen die widrigen Arbeitsbedingungen im Lehrerberuf. - YouTube / WION

Das Wichtigste in Kürze

  • In Korea übernehmen Lehrpersonen wichtige Aspekte der persönlichen Erziehung von Kindern.
  • Für viele eine grosse Belastung: In den letzten Wochen gab es vermehrt Suizide.
  • Das sorgt für Proteste: Über 100'000 Lehrkräfte gingen zuletzt auf die Strasse.

In Südkorea haben über 100'000 Lehrkräfte für verbesserte Arbeitsbedingungen demonstriert. Der Grund für die Demo: In den letzten Wochen wurde das Land von einer Reihe von Suiziden unter Lehrpersonen erschüttert.

Vor dem nationalen Parlament in Seoul forderten schwarz gekleidete Demonstrierende eine «Ermittlung der Fakten» und beklagten «traurige Lehrertode». Die Proteste legten das Land lahm und führten zu leeren Klassenzimmern.

Tragische Selbstmorde erschüttern das Land

Die Demonstrationen wurden durch den Selbstmord einer Lehrerin ausgelöst. Die Frau hatte sich aufgrund von Druck seitens Kinder und Eltern das Leben genommen.

Sowohl Schulkinder als auch Eltern hätten sie im Zusammenhang mit einem Streit enorm unter Druck gesetzt, wie koreanische Medien berichten. Nachdem der tragische Tod zunächst als Einzelfall heruntergespielt wurde, folgten zwei weitere Suizide kurz darauf.

Südkorea ist ein Land, wo Lehrpersonen eine grosse soziale Verantwortung zukommt: Sie sind nicht nur für die Ausbildung der Kinder verantwortlich, sondern auch für ihre persönliche Erziehung. Doch diese Rolle bringt auch hohe Erwartungen mit sich.

Grosser Druck auf pädagogisches Personal

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich eine zunehmende Wettbewerbsorientierung an südkoreanischen Schulen etabliert. Laut einer Untersuchung steuern 40 Prozent der südkoreanischen Lehrkräfte auf eine Depression zu – jede sechste hatte bereits Selbstmordgedanken.

Gegenüber der «Luzerner Zeitung» kritisiert Koreanisch-Lehrerin Lee Ji-Young: Das grösste Problem liege darin, dass es derzeit keine Möglichkeiten gebe, sich vor übermässigen Beschwerden durch Eltern zu schützen. Oft würden die Lehrkräfte bei ihrer Arbeit eng verfolgt und bedroht.

Aktivistin Claire Ham weist ihrerseits darauf hin: «Vor allem jüngere Lehrerinnen haben oft nur auf zwei Jahre befristete Verträge, sodass sie kaum Schutz geniessen.» Sie sieht die Regierung in der Pflicht, diese grundlegenden Probleme anzugehen.

Kleine Veränderungen als Reaktion auf Proteste

Mit Beginn des neuen Schuljahres dürfen Lehrkräfte nun Handys von störenden Schülerinnen und Schülern inspizieren oder zeitweise entziehen. Wer den Unterricht weiterhin stört, darf vor die Tür geschickt werden.

Bildungsminister Lee Ju-ho verkündete zudem überraschend Straffreiheit für alle Demonstranten vom Montag. Dies wird als Zeichen möglicher Gesprächsbereitschaft gegenüber den Forderungen der protestierenden Pädagogen interpretiert.

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Brauchen Sie Hilfe?

Sind Sie selbst depressiv oder haben Sie Suizidgedanken? Dann kontaktieren Sie bitte umgehend die dargebotene Hand (www.143.ch).

Unter der kostenlosen Hotline 143 erhalten Sie anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.

Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch