Angela Merkel bekommt ein Secondhand-Flugzeug
Acht Flugzeuge für eine Kanzlerin, einen Bundespräsidenten und 15 Minister. Das reicht nicht immer: Bald bekommen die Vielflieger der deutschen Regierung aber
Das Wichtigste in Kürze
- Der deutschen Regierung stehen zu wenig Flugzeuge zur Verfügung.
- Kanzlerin Angela Merkel erhält deshalb ein Secondhand-Flugzeug.
Die Startphase der neuen Regierung in Deutschland ist auch für die Flugbereitschaft der Streitkräfte eine Herausforderung gewesen. Alleine Aussenminister Heiko Maas hat in seinen ersten 100 Amtstagen seit Vereidigung der Regierung Mitte März rekordverdächtige 118'000 Flugkilometer zurückgelegt – drei Mal um die Welt. Kanzlerin Angela Merkel hatte nach der Hängepartie bei der Regierungsbildung aussenpolitischen Nachholbedarf und war unter anderem in China, den USA, Russland und beim G7-Gipfel in Kanada. Hinzu kam die eine oder andere Antrittsreise der Kabinettsneulinge Olaf Scholz (Finanzen) oder Peter Altmaier (Wirtschaft) sowie Truppenbesuche von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
Da kommt die deutsche Luftwaffe mit ihren acht VIP-Maschinen für Regierungsflüge schon mal an ihre Grenzen. Jetzt soll aber alles besser werden – die Vielflieger der Regierung bekommen noch in diesem Jahr Verstärkung. In der Werft der Lufthansa Technik am Hamburger Flughafen wird seit eineinhalb Jahren ein Airbus A321 für die Regierung aufgemöbelt. Tests laufen gerade. Ende August soll die zivile Zulassung vorliegen, und im September wird die Maschine an die Bundeswehr übergeben.
Gebrauchtes Flugzeug
Mit der A321 erhält die Kanzlerin einen Secondhand-Flieger. Die Maschine gehörte seit dem Jahr 2000 zur Flotte der Lufthansa. Warum aber kauft Berlin ein gebrauchtes Flugzeug? «Das ist kostengünstiger und damit besser für den Steuerzahler», sagt Hauptmann Dieter Brakonier, der das Projekt für das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr betreut. Genaue Zahlen werden nicht genannt, aber ein dreistelliger Millionenbetrag dürfte für die neue Regierungsmaschine allemal fällig werden.
Das Koblenzer Amt hat sich unter mehreren Flugzeugen für die A321 entschieden, weil sie top gepflegt war. «Wir hatten das Flugzeug durchgehend in der Wartung, und es ist wie bei einem Auto: Entscheidend ist nicht das Alter, sondern die Pflege», sagt Lufthansa-Projektleiter Harald Pries.
Die Spezialisten bei der Lufthansa Technik haben den Airbus vollständig überholt und modernisiert, das zulässige Startgewicht um vier Tonnen erhöht und den Innenraum komplett neu ausgestattet. «Die Maschine enthält rund 180 Modifikationen, die zum Teil einzeln zugelassen werden müssen», erläutert Pries. Das erklärt auch die lange Liegezeit in der Werft.
Geräumige Platzaufteilung
Der Regierungsflieger wird künftig bis zu 84 Passagiere befördern, davon 14 im vorderen VIP-Bereich, wo Kanzlerin oder Minister mit ihren engsten Mitarbeitern sitzen. 70 Plätze sind für die offizielle Delegation, Sicherheitsbeamte vom Bundeskriminalamt, Journalisten und Gäste aus Wirtschaft, Kultur oder anderen gesellschaftlichen Bereichen vorgesehen.
Damit ist die Platzaufteilung recht geräumig. Als reguläre Linienmaschine befördert eine A321 in der Regel rund 200 Fluggäste. Luxus aber gibt es nicht; die Bestuhlung im Delegationsbereich entspricht der Klasse Economy plus. Es gibt - im Gegensatz zu anderen Regierungsfliegern - noch nicht einmal eine Dusche. Gedacht ist die Maschine mit einer Reichweite von rund 5000 Kilometern vor allem für den Einsatz auf der Mittelstrecke im europäischen Raum, doch auch Nordamerika wäre noch erreichbar.
Die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums hält bislang an den Standorten Köln-Wahn und Berlin-Tegel insgesamt 16 Flugzeuge und Hubschrauber bereit; acht davon werden in der Regel für Regierungsreisen genutzt. Zusammen leisten die Flieger durchschnittlich 2500 Flüge im Jahr. Zum Schutz der obersten Repräsentanten des Staates sind in den Maschinen auch militärische Komponenten installiert, Abwehrsysteme und Kommunikationstechnik. Die Einzelheiten bleiben geheim.
In einigen Wochen wird der neue Regierungsflieger seine militärische Zulassung erhalten und dann wohl im November seinen Dienst aufnehmen. Eine Idee für einen Namen gibt es auch schon: Hans Dietrich Genscher, der in seinen 18 Jahren als Aussenminister besonders viel unterwegs war. Es ist aber noch nicht klar, ob sich der Vorschlag durchsetzt. Bisher tragen nur die Grossraum-Flieger Namen. Die beiden A340 sind nach dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss und dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer benannt.