Britischer Corona-Impfstoff könnte zweifach wirken

Forschern der Universität Oxford in England ist offenbar ein grosser Schritt auf dem Weg zu einem Coronavirus-Impfstoff gelungen. Bis zu einem Durchbruch ist es aber noch ein weiter Weg.

Ein in Grossbritannien entwickelter Impfstoff fördert sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen. Noch ist jedoch unklar, ob der Impfstoff namens ChAdOx1 nCoV-19 ausreichend Schutz bietet. Foto: Friso Gentsch/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein britischer Impfstoff gegen das Coronavirus scheint einer Studie zufolge sicher zu sein und das Immunsystem anzukurbeln.

Das Mittel der Universität Oxford und des britischen Pharmaunternehmens AstraZeneca wirkt gleich zweifach:

Es fördert sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen - beide sind für die Immunabwehr wichtig. Über die Ergebnisse berichteten die Experten in der britischen Medizin-Zeitschrift «The Lancet» (20. Juli).

Erste Ergebnisse der Phase-1/2-Studie waren schon in der vergangenen Woche bekannt geworden. Die Versuche mit 1077 gesunden Personen wurden als vielversprechend eingestuft. Die deutliche Immunantwort zeigte sich noch 56 Tage nach der Impfung und könne eventuell durch eine zweite Dosis verlängert werden, heisst es in «The Lancet».

Bietet der Impfstoff ausreichend Schutz?

Dennoch sei noch unklar, ob der Impfstoff namens ChAdOx1 nCoV-19 ausreichend Schutz biete, so die Experten. Um diese Frage zu klären, haben bereits in Brasilien weitere Tests mit Tausenden Freiwilligen in einer Phase III-Studie begonnen. Der Impfstoff basiert auf bestimmten manipulierten Viren, die eigentlich bei Affen vorkommen.

«Es muss noch viel Arbeit erledigt werden, bevor wir bestätigen können, dass unser Impfstoff helfen wird, die Covid-19-Pandemie zu bewältigen», betonte Mitautorin Sarah Gilbert von der Universität Oxford. Das Vakzin löste den Wissenschaftlern zufolge Nebenwirkungen wie Erschöpfung und Kopfschmerzen aus, aber nichts Ernstes. Grossbritannien orderte bereits 100 Millionen Impfstoffdosen.

Forscher in China erproben ebenfalls Impfstoff

Ebenfalls am 20. Juli präsentierten chinesische Forscher in «The Lancet» Erfolge eines Impfstoffs in einem Phase-2-Versuch mit über 500 Menschen. Auch dieser sei sicher und habe eine Reaktion des Immunsystem hervorgerufen wie Antikörper oder entsprechende Abwehrzellen (T-Zellen) im Blut, schreibt das Team um Feng-Cai Zhu vom Jiangsu Provincial Center for Disease Control and Prevention in Wuhan. Etwaige Nebenwirkungen waren demnach etwa Fieber, Müdigkeit oder Schmerzen an der Impfstelle und verliefen in den meisten Fällen mild. Auch bei diesem Impfstoff muss noch geprüft werden, ob die ausgelöste Immunabwehr ausreichend wirkt.

Auch Biontech-Impfstoff fördert Bildung von «Gedächtniszellen»

In den Forschungen an einem Corona-Impfstoff haben auch das Mainzer Biopharma-Unternehmen Biontech und der US-Konzern Pfizer ein weiteres positives Teilergebnis bekanntgegeben. Die klinische Studie in Deutschland habe gezeigt, dass der Impfstoffkandidat BNT62b1 zu einer verstärkten Bildung von T-Zellen führe, teilten beide Unternehmen mit. Vor drei Wochen hatten die beiden Partner bereits mitgeteilt, dass der Impfstoffkandidat «eine Immunantwort mit neutralisierenden Antikörpern im Menschen induzieren kann».

Die Mitbegründerin von Biontech, Özlem Türeci, bezeichnete die Ergebnisse in der gemeinsamen Mitteilung mit Pfizer als ermutigend. Die vorläufigen Daten zeigten, dass der Impfstoffkandidat bereits bei niedrigen Dosen Antikörper stimuliere und zur Reaktion von T-Zellen führe. «Wir denken, dass beide eine wichtige Rolle spielen könnten, um die wirksame Überwindung eines Krankheitserregers wie Sars-CoV-2 zu erreichen.»

Mehr als 20 Vakzine werden derzeit an Menschen getestet

International gibt es ein Rennen von Wissenschaftlern und Pharmaunternehmen um einen Corona-Impfstoff. Das Mittel aus Oxford zählt zu den aussichtsreichen Kandidaten. Derzeit werden laut (WHO) mehr als 20 Vakzine in klinischen Studien an Menschen getestet.

Ob die genannten Impfstoffe wirklich ausreichend wirken, muss noch bei allen in grösseren Versuchen an Probanden gezeigt werden. WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan geht davon aus, dass Mitte 2021 ein Impfstoff in grösserem Massstab zur Verfügung stehen könnte.