Das sagen Ösis zum zweiten «harten» Lockdown

Österreich sagt der Pandemie den Kampf an und geht ab Dienstag in den «harten» Lockdown. Vier Menschen aus Österreich erzählen, wie sie damit umgehen.

Menschen auf der Mariahilfer-Strasse in Wien am Montag, 16. November 2020. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach zwei Wochen «weichem» Lockdown macht Österreich morgen ernst.
  • Ab Dienstag schliessen Schulen und Läden, die nicht Grundbedürfnisse decken.
  • Für drei Wochen herrscht ganztägige Ausgangssperre.

Am Samstag packte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz den Vorschlaghammer aus. Er verkündete nach zwei Wochen «Lockdown light» härtere Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Es ist der zweite «harte» Lockdown nach demjenigen im Frühling.

Ab Dienstag schliessen alle Geschäfte und Dienstleister, die nicht Grundbedürfnisse decken. Auch Schulen machen dicht. Es herrscht ganztägige Ausgangssperre. «Jeder Kontakt ist einer zu viel», sagte Kanzler Kurz. Die Massnahmen sollen drei Wochen dauern.

Nau.ch konnte vier Österreicher zum bevorstehenden «harten» Lockdown befragen.

Nau.ch: Finden Sie den erneuten «harten» Lockdown richtig?

Alexandra (25) aus Wien: Ja. Die Infektionszahlen gehen seit Wochen durch die Decke und der «weiche» Lockdown hat, wenn überhaupt, nur eine kaum merkliche Entlastung gebracht. Unserem Gesundheitssystem droht in den nächsten Wochen der Kollaps. Ausserdem waren mehr als 70 Prozent der Ansteckungen nicht mehr nachverfolgbar – da bleibt keine andere Wahl als ein «harter» Lockdown um Infektionsketten zu brechen.

Birgit (50) aus Niederösterreich: Nein, weil dadurch soziale Kontakte noch mehr in das private Umfeld verlagert werden. Die Leute lassen sich nicht mehr einsperren.

Dominik (27) aus Wien: Ja, leider. Hoffentlich halten sich auch alle daran, damit es nicht bis Neujahr dauert bis die ersten Verordnungen wieder gelockert werden. Es bringt halt auch der Lockdown nichts, wenn die Disziplin in der Bevölkerung nicht da ist.

Martin (27) aus Wien: Jetzt ist er unvermeidlich, dazu hätte es aber nie kommen dürfen. Die Regierung hat die rechtzeitige Verpflichtung zum Homeoffice, Krankschreiben per Telefon und eine frühere Schliessung von Bars versäumt.

Österreichs Vizekanzler Werner Kogler (links) und Kanzler Sebastian Kurz verkünden den «harten» Lockdown am Samstag. - Keystone

Nau.ch: Werden sich die Leute an die Massnahmen halten oder ist die Disziplin im Vergleich zum Frühling schlechter?

Alexandra: Ich befürchte, dass sich Menschen nicht mehr so gewissenhaft an die Massnahmen und Beschränkungen wie im ersten Lockdown halten werden. Mein Eindruck ist vor allem, dass Unternehmen nicht mehr bereit sind auf HomeOffice umzustellen, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten. Auch das Wetter halte ich für einen entscheidenden Faktor.

Birgit: Die Disziplin ist schlechter, aber viele werden sich daran halten. Aggressionen nehmen aber spürbar zu. Einkommensverluste und Ängste vor drohender Arbeitslosigkeit sind in allen sozialen Schichten spürbar.

Dominik: Definitiv schlechter. Man sieht die Menschen zwar mit Maske herumgehen, doch dort, wo man sie nicht darauf hinweist, dass man sie tragen muss, hat fast niemand eine auf. Wirklich ernst scheinen es nicht alle zu nehmen.

Martin: Ich denke schon – einige wenige werden wieder drauf pfeifen, das war aber im Frühling nicht anders. Ein Vorteil ist, dass jetzt wirklich mehr Menschen Corona-Fälle im Bekanntenkreis haben.

Versperrte Stühle und Tische vor einem Restaurant am Montag, 9. November 2020, in Salzburg. - Keystone

Nau.ch: Gibt es wieder Hamsterkäufe seit Bekanntgabe des «harten» Lockdowns?

Alexandra: Ich glaube, dass nicht Supermärkte, sondern vor allem der Einzelhandel noch überrannt werden. Sowohl am Samstag als auch Montag haben ja auch einige Ketten mit extra Lockdown-Prozenten geworben. Das halte ich für wahnsinnig verantwortungslos, es zieht mit Sicherheit die Massen an. Am Samstag gab es meterlange Schlangen vor den Eingängen der Shops und in den Shopping Malls.

Birgit: Ja, am Samstag war die Hölle los bei Coiffeurs, Schuhgeschäften und Baumärkten. Im Lebensmittelbereich jedoch nicht.

Dominik: Die gab es schon, wobei dieses Mal bis jetzt bei mir nur die Klopapierregale leer waren. Ich bin schon gespannt, was beim nächsten Einkauf «sehr beliebt» sein wird.

Martin: Ja, schon am Freitag als die Gerüchte aufkamen, am Montag eskalierte es völlig. Ein direktes Resultat der gescheiterten Kommunikation der Regierung.

Menschen in Wien stehen vor einem Laden Schlange. - Keystone

Nau.ch: Bereiten Sie sich speziell auf die drei Wochen vor?

Alexandra: Spezielle Vorbereitung auf den zweiten Lockdown habe ich keine. Ich werde versuchen im Supermarkt eher Grosseinkäufe zu machen und ein bisschen mehr vorauszuplanen, aber ansonsten bleibt alles wie bisher. Home Office habe ich schon seit dem «weichen» Lockdown.

Birgit: Nein.

Dominik: Nicht wirklich. Es schmerzt, dass ich den Geburtstag meiner Freundin nicht so feiern kann wie geplant, aber daran lässt sich nunmal nichts ändern. Die Gesundheit geht vor. Hoffentlich denken so auch die anderen Wiener.

Martin: Ja, mit einem grossen Monitor für ein ergonomisch weniger verheerendes Homeoffice.