Seehofer lockert Grenzkontrollen
Die temporären Grenzkontrollen werden jetzt zurückgefahren. Einreisen darf aber nach wie vor nur, wer einen triftigen Grund nachweisen kann. Ausserdem gilt: Steigt die Zahl der Neuinfektionen bei den Nachbarn, werden die Regeln erneut verschärft.
Das Wichtigste in Kürze
- Die wegen der Corona-Pandemie eingeführten Kontrollen an der deutschen Grenze sollen von diesem Samstag an schrittweise gelockert werden.
Auf touristische Reisen ins Ausland sollen die Bundesbürger aber auch in den kommenden Wochen weiter verzichten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) empfahl den Bundesländern am Mittwoch, die bislang geltende Regeln, dass auch wer aus einem europäischen Nachbarland einreist, für zwei Wochen in Quarantäne muss, aufzuheben.
Wie sein Ministerium weiter mitteilte, werden die Kontrollen an der Grenze zu Luxemburg in der Nacht zum kommenden Samstag beendet. An der deutsch-dänischen Grenze sei Deutschland ebenfalls bereit, die Kontrollen einzustellen, «sobald die dänische Regierung ihre laufenden Konsultationen mit ihren jeweiligen Nachbarstaaten vollzogen hat» hiess es.
An den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz sollen die Kontrollen dagegen bis zum 15. Juni fortgesetzt werden. Auch an den strengen Regeln für Einreisen per Flugzeug aus Italien und Spanien wird vorerst nichts geändert.
Die Erleichterungen sind laut Innenministerium eine Folge der positiven Entwicklung des Infektionsgeschehens. Sollte die Zahl der Neuinfektionen in Nachbarregionen jedoch stark steigen, werde man wieder intensiver kontrollieren. Dabei biete der in Deutschland geltende Richtwert von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen Orientierung.
Die von den Bundesländern angeordnete 14-tägige Quarantäne für jeden, der nach Deutschland kommt, sollte nach Einschätzung des Ministeriums künftig nur noch für Menschen gelten, die sich zuvor in Drittstaaten aufgehalten haben. Also beispielsweise nicht mehr für Deutsche, die aus Frankreich einreisen oder aus den Niederlanden. Die Entscheidung über die Quarantäne liegt allerdings bei den Ländern.
Seehofer hatte in den vergangenen Tagen mit seinen Amtskollegen in den Anrainerstaaten sowie mit den Ministerpräsidenten der Grenz-Bundesländer über die Details einer schrittweisen Rückkehr von stationären Kontrollen zur normalen Überwachung der Grenzen im 30-Kilometer-Bereich beraten.
Die Kontrollen an den Grenzen zu Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Österreich und der Schweiz waren am 16. März eingeführt worden, um das Infektionsgeschehen in Deutschland einzudämmen. Seither darf nur noch einreisen, wer einen triftigen Grund dafür geltend machen kann - etwa Berufspendler, Angehörige medizinischer Berufe oder EU-Bürger, die auf dem Weg in ihr Heimatland sind. Auch die Pflege von Angehörigen und andere familiäre Gründe konnten zum Teil geltend gemacht werden.
Bei den Reisen aus «familiären und persönlichen Gründen» sind nun laut Innenministerium weitere Erleichterungen vorgesehen. So sollen etwa Schulbusse nicht mehr kontrolliert werden. Partner, die nicht verheiratet sind, sollen einreisen dürfen. Die Regel, dass nur einreisen darf, wer einen triftigen Grund hat, soll aber im Grundsatz erst einmal weiter bestehen.
Seehofer sagte, künftig dürften wieder alle Übergänge an den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz genutzt werden. Statt systematischer Kontrollen werde es dort nur noch «Stichprobenkontrollen» geben. Beides ist vor allem für Berufspendler wichtig, die in den vergangenen Wochen oftmals Staus und Umwege in Kauf nehmen mussten.
Bis zum 14. Juni gilt aktuell noch eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Demnach sollen Deutsche grundsätzlich auf Urlaubsreisen im Ausland verzichten.
«Es ist europäisch, gemeinsam ein gefährliches Virus zu bekämpfen. Es ist nicht europäisch, sich bei unbequemen Massnahmen der gemeinsamen Verantwortung zu entziehen», erklärte Seehofer. Er war in den vergangenen Tagen unter Druck geraten, nachdem aus den grenznahen Bundesländern und aus der Opposition der Ruf nach einer Beendigung der Kontrollen laut geworden war.
Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner forderte «Konzepte für lokale Lockdowns, um gezielt zu reagieren, wenn die Infektionszahlen lokal wieder steigen». Andernfalls sei die Versuchung gross, jedes Mal wieder die Grenzen zu schliessen, sagte die Bundestagsabgeordnete. «Der Rückgang der Infektionen bei uns und in den Nachbarländern erlaubt und erfordert die heute beschlossenen Lockerungen», sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg.
Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle, forderte: «Auch mit Polen und Tschechien müssen schnell Übereinkünfte gefunden werden, damit auch die dortigen Grenzregionen von den Lockerungen der Grenzkontrollen profitieren.»