Max Mara in Berlin: Der Boom der Resort-Kollektionen
Max Mara in Berlin, Gucci in Rom, Dior in Marrakesch, Armani in Tokio. Die grössten Modelabels zeigen ihre Resort-Kollektionen in spektakulären Shows. Was hat es mit diesem Konzept auf sich?
Das Wichtigste in Kürze
- Berlin, Neues Museum: Wo man sonst Kunst und Kultur der Vergangenheit angucken kann, gab es am Montagabend die Mode von morgen zu sehen.
Max Mara hatte diesen imposanten Ort auserwählt, um seine Resort-Kollektion 2020 vorzustellen.
Zwei Tage lang zelebrierte das italienische Top-Label dieses Ereignis. Von einer «Cabaret Night» mit Ute Lemper (sie lief auch als Model in der Show) am Vorabend bis zum After-Show-Dinner. Mit einer hohen Promi-Dichte: von Nicky Hilton Rothschild über Fussballprofi André Schürrle bis TV-Moderatorin Palina Rojinski. Und nicht nur der äussere Rahmen, die ganze Kollektion war Berlin. Von Marlene-Dietrich-Looks bis hin zu Schmuckelementen, inspiriert an im Museum ausgestellten Objekten aus der Bronzezeit. Selbst einen Mantel namens «Berlin» gibt es.
Mäntel sind der Markenkern von Max Mara. Das Label ist so etwas wie der stille Star der italienischen Mode. Was auch daran liegt, dass der Name keiner realen Person zuzuordnen ist. Es war das erste Mal überhaupt, dass ein so bedeutendes Label seine Resort in Deutschland zeigte. Nur - was ist das überhaupt?
Der Name Resort, manche nennen sie auch Cruise, geht auf die ursprüngliche Bestimmung dieser Kollektionen zurück. Sie brachten in den Wintermonaten Sommermode in die Geschäfte. Für eine Klientel, die es sich leisten konnte, vor Frost und Schnee in südliche Gefilde zu fliehen. Gern auch per Kreuzfahrt («Cruise»). Ein Nischenthema also.
Strandmode? Sommerkleider? Nichts davon war bei Max Mara zu sehen. Denn inzwischen haben sich die Resort-Kollektionen weiterentwickelt. Heute gelten sie als die wichtigsten Umsatzbringer eines Labels. Allein schon deshalb, weil sie von Ende Oktober bis in das Frühjahr hinein in den Läden hängen, alle Lebensbereiche abdecken und oft recht kommerziell ausgerichtet sind. Begünstigt wurde dieser Bedeutungsschub durch die Auflösung der einst starren Taktung in zwei Jahreskollektionen. Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter unterteilen sich heute in diverse Zwischenprogramme.
Und so inszenieren die Luxuslabels ihre Resort-Entwürfe inzwischen mit einem bombastischen Aufwand. Jedoch nicht alle an einem Ort, im Rahmen einer Fashion Week, sondern verstreut auf der Welt. Zum Leidwesen der Einkäufer und Journalisten, die sich dann tatsächlich auf einer Art «Cruise» befinden.
Zum Beispiel in diesem Jahr: Los ging es schon Ende April mit Dior. Kreativdirektorin Maria Grazia Chiuri wollte eine Brücke zur afrikanischen Kultur und Handwerkskunst schlagen und liess ihre Models im El Badi-Palast von Marrakesch aufmarschieren. Chanel hingegen blieb daheim in Paris. Hier lag der Fokus auch eher auf einer Person: Es war die erste Kollektion, welche die Karl-Lagerfeld-Nachfolgerin Virginie Viard komplett im Eigenregie entworfen hat.
Gleich drei grosse Labels hatten sich in dieser Saison für New York entschieden: Prada, Louis Vuitton und Valentino. Allerdings zu unterschiedlichen Terminen. Für Giorgio Armani war es das erste Resort-Defilee überhaupt. Es fand in Tokio statt. Und Guccis Kreativdirektor Alessandro Michele wählte als Austragungsort die Kapitolinischen Museen seiner Heimatstadt Rom und setzte in seiner Mode auch ein politisches Statement - für das Recht der Frauen auf Abtreibung.
Ist so ein Wanderzirkus zeitgemäss? Ökologisch betrachtet, eher nicht, wenn man für eine Show um die halbe Welt fliegen muss. Aber er liefert den wichtigsten Mehrwert unserer Zeit: Bilder. Für Instagram & Co. Und dafür braucht jedes Modehaus ständig neues Material. Denn die Resort-Show von heute ist morgen schon wieder Geschichte.