Notrufnummern 110 und 112 wieder erreichbar
Kein Anschluss unter dieser Nummer: Am frühen Morgen laufen bundesweit die Notrufe ins Leere, die 110 und 112 sind gestört. Warn-Apps reissen viele Menschen aus dem Schlaf. Was ist passiert?
Das Wichtigste in Kürze
- Bei Notrufen etwa nach einem Schlaganfall oder einem Unfall zählt oft jede Minute.
Doch bundesweit sind am Donnerstag ausgerechnet die Notrufnummern 110 und 112 von Polizei und Feuerwehr vorübergehend ausgefallen. «Einen Hackerangriff können wir aktuell ausschliessen», teilte ein Sprecher der Telekom mit, die die technische Infrastruktur für den Notruf bereitstellt. «Ursächlich für die Störung war vermutlich die Einbringung einer neuen Software, die zuvor ausführlich getestet worden war und keinerlei Auffälligkeiten gezeigt hatte. Die detaillierte Analyse dauert an.»
Von dem Ausfall waren unter anderem Baden-Württemberg, Hessen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen betroffen. Aus der Politik und von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gab es scharfe Kritik.
«Natürlich werden wir dieses Problem gemeinsam mit der Deutschen Telekom nachbereiten – das geht so nicht!», sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Die GdP verlangte Konsequenzen: «Womöglich lebensentscheidende Rufnummern wie die 110 müssen einen "doppelten Boden", also eine doppelte technische Absicherung haben. Es darf einfach nicht sein, dass jemand durch einen Softwarefehler oder ähnliches allein zurückgelassen wird», sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Radek, der «Bild»-Zeitung.
Wie die Telekom ging auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) von einem technischen Fehler aus. «Hinweise auf einen Cyberangriff liegen nicht vor», sagte ein BSI-Sprecher auf Anfrage. Die Telekom habe die Störung gemäss den gesetzlichen Bestimmungen dem BSI und der Bundesnetzagentur gemeldet. Doch dass überhaupt ein solcher Ausfall bundesweit passieren kann, die Telekom sprach von etwa 70 Minuten, rief auch scharfe Kritik hervor.
Die Störung trat laut Telekom bei Routine-Wartungsarbeiten um 4.30 Uhr auf, als die meisten Menschen in Deutschland noch schliefen: «Um 05.40 Uhr waren alle Leitstellen wieder uneingeschränkt erreichbar.»
Bürgerinnen und Bürger wurden über Ansagen im Rundfunk sowie über Meldungen der Warn-Apps Nina und Katwarn aufgefordert, sich während der Störung direkt bei den Polizeistellen vor Ort zu melden. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte auf Anfrage: «Der Notruf ist in Deutschland Ländersache.» Die interne Kommunikation der Einsatzkräfte der Polizei sei nicht betroffen gewesen.
«Die Notrufnummern sind enorm wichtig, denn bei einem Schlaganfall oder einer anderen Notlage zählt jede Minute», sagte der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster. Der Austausch mit der Telekom zu der Störung am Morgen sei sehr schnell und reibungslos gewesen. Die Landesinnenministerien seien dadurch zügig informiert worden, so dass regional sehr schnell Warnmeldungen zu dem Ausfall veröffentlicht worden seien.
Wie häufig die Notrufe in Anspruch genommen werden, zeigt das Beispiel Berlin: Im vergangenen Jahr hatte die Polizei dort bis zum 9. Dezember rund 1,1 Millionen Notrufe angenommen. Bei der Feuerwehr waren es von Januar bis einschliesslich November 2020 knapp 700 000, wobei Anrufer im Schnitt 23 Sekunden warten mussten.
Die Polizei beklagt aber schon länger, dass viele Anrufer aus Spass oder Unwissenheit die Notrufnummer wählen. «Der Ladenbetreiber will meine Pfandflaschen nicht annehmen, der muss die doch zurücknehmen» oder «Meine Schwiegertochter will an mein Erbe» - auch solche «Notrufe» gibt es.
Einen überregionalen vorübergehenden Ausfall der beiden Notrufnummern hatte es bereits am 29. September gegeben. Grund war damals eine bundesweite Störung im Netz der Deutschen Telekom - betroffen waren Anrufe aus dem Mobilfunk in das Festnetz.