Polen gedenkt des Warschauer Aufstands vor 80 Jahren

Polen erinnert an den Warschauer Aufstand von 1944. Deutschlands Bundespräsident Steinmeier spricht bei der Gedenkfeier und bittet um Vergebung.

Veteranen des Warschauer Aufstands erzählen dem deutschen Bundespräsidenten Steinmeier, was sie durchlebt haben. Friedemann Kohler/dpa - dpa

Polen gedenkt wie jedes Jahr am 1. August des Warschauer Aufstandes von 1944 gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Zum 80. Jahrestag finden besonders viele Veranstaltungen, Gottesdienste, Konzerte und Treffen mit den letzten noch lebenden Kämpfern statt. Die Erhebung scheiterte letztlich.

Doch bei einer Gedenkfeier am Mittwochabend nannte Präsident Andrzej Duda den Aufstand die «moralische Grundlage der polnischen Unabhängigkeit». Als Zeichen der historischen Erinnerung ist auch Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Warschau gereist.

Er trifft zum Abschluss seines Besuchs heute zu einem politischen Gespräch mit Duda zusammen. Mit dem Aufstand vom 1. August 1944 wollte die polnische Untergrundarmee die Deutschen vertreiben, damit Polen seine Hauptstadt vor dem Näherrücken der Sowjetarmee wieder selbst kontrolliert.

Wehrmacht und SS schlugen brutal zurück

Wehrmacht und SS schlugen den Aufstand in 63 Tagen brutal nieder und verübten Massaker an der Zivilbevölkerung, die zu den schlimmsten deutschen Kriegsverbrechen zählen. Etwa 200'000 Menschen wurden getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Warschau wurde aus Rache weitgehend zerstört.

Auch Steinmeier sprach bei der Gedenkfeier und bat um Vergebung für die von Deutschen begangenen Gräueltaten. Er war nach Roman Herzog 1994 der zweite Bundespräsident, der bei diesem für Polen wichtigen Gedenktag sprechen durfte.

Duda zog in seiner Rede Parallelen zwischen dem Aufstand und dem gegenwärtigen Abwehrkampf der Ukraine gegen die russische Invasion. Die Ukraine habe im Frühjahr 2022 die Hafenstadt Mariupol verteidigt wie die polnischen Kämpfer ihre Hauptstadt.

Deutschland hat Nachholbedarf

«Wir treffen uns hier, damit es nirgendwo mehr Besatzung gibt», sagte er. «Und es ist nicht wichtig, ob das deutsche Besatzung ist, sowjetische Besatzung oder jetzt russische Besatzung. Dagegen wehrt sich die freie Welt, zu der wir heute dank der Warschauer Aufständischen gehören». Auch Steinmeier forderte, dass Deutschland und Polen die Ukraine unterstützen.

Der Warschauer Aufstand von 1944 ist in Deutschland weniger bekannt als der Aufstand im Warschauer Ghetto ein Jahr vorher und wird auch oft verwechselt. Das liege an der starken deutschen Fixierung auf den Holocaust, sagte der Berliner Historiker Stephan Lehnstaedt der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben starken Nachholbedarf, was die Verbrechen an nichtjüdischen Opfern betrifft.»

Das gelte für Polen wie für andere Länder Europas, die von Nazi-Deutschland besetzt waren. Zudem sei im kommunistischen Polen immer an den Ghetto-Aufstand erinnert worden. Bundeskanzler Willy Brand habe 1970 in Warschau vor dem Denkmal der Ghettohelden gekniet. Das Gedenken an den Warschauer Aufstand sei dagegen bis kurz vor Ende der kommunistischen Herrschaft 1989 ein Tabu gewesen.