Report vor der UN-Klimakonferenz zeigt drastische Daten

35 planetare Lebenszeichen hat ein Forscherteam untersucht. Mehr als zwei Drittel zeigen einen negativen Rekord an. Die Experten zeigen auch Lösungen auf.

Einen Rekordwert erreichte 2023 auch der Bestand an Wiederkäuern, die das Treibhausgas Methan ausstossen. (Archivbild) - Peter Kneffel/dpa

Gut einen Monat vor der nächsten UN-Klimakonferenz (COP 29) in Baku (Aserbaidschan) präsentiert ein Forscherteam drastische Daten. Von den 35 «planetaren Lebenszeichen», die die Gruppe Jahr für Jahr analysiert, haben 25 ihrem Report zufolge einen Rekordwert erreicht. Die meisten waren negativ für das Klima.

Mit der aktuellen Politik sei die Welt auf einem Kurs zu einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 2,7 Grad bis 2100. Der Report des Teams um William Ripple von der Oregon State University (USA) ist im Fachjournal «BioScience» erschienen. Zu den Autoren gehören auch Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), und der dort arbeitende Forscher Stefan Rahmstorf.

Schon seit einem halben Jahrhundert werde die globale Erwärmung richtigerweise vorhergesagt, schreibt das Team. «Trotz dieser Warnungen bewegen wir uns immer noch in die falsche Richtung. Die Emissionen fossiler Brennstoffe sind auf ein Allzeithoch gestiegen», mahnen die Autoren, die zahlreiche Studien ausgewertet haben.

Einige planetare Lebenszeichen mit Rekordwerten

TREIBHAUSGASE: Die jährlichen energiebezogenen Treibhausgas-Emissionen stiegen 2023 um 2,1 Prozent und damit auf einen Rekordwert. Sie entsprechen nun erstmals der Klimawirkung von über 40 Milliarden Tonnen CO2. Die drei grössten Emittenten China, USA und Indien sind zusammen für mehr als die Hälfte der weltweiten Emissionen verantwortlich.

MEERE: Die Meere haben noch nie so viel Wärmeenergie gespeichert und hatten noch nie einen so hohen Säuregehalt wie 2023. Die Hitzewellen in den Jahren 2021 und 2023 verursachten Massensterben von Fischen.

WÄLDER: Der weltweite Verlust durch Waldbrände lag mit 11,9 Millionen Hektar 2023 ebenfalls auf Rekordniveau. Der gesamte jährliche Waldverlust war 2023 der dritthöchste. Die Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonasgebiet sei zurückgegangen, hiess es.

Rekordwert: Subventionen für fossile Brennstoffe

NUTZTIERE: Der Bestand an Nutztier-Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen), die das Treibhausgas Methan ausstossen, war nie höher als 2023.

ENERGIE: Zwar ist auch die Energienutzung aus Wind- und Solarkraft auf dem höchsten je registrierten Stand und lag 2023 um 15 Prozent höher als im Jahr zuvor. Doch scheinen sie im Wesentlichen nur die Steigerung des Energiebedarfs zu kompensieren.

«Der Verbrauch fossiler Brennstoffe ist nach wie vor etwa 14-mal höher als der Verbrauch von Solar- und Windenergie», heisst es in der Studie. Die Subventionen für fossile Brennstoffe haben 2022 einen Rekordwert erzielt.

Pessimismus über Erderwärmung und drohende Klimakrise

Einer vom Autorenteam zitierten Umfrage zufolge sind Klimaforscher wenig optimistisch. Von 380 Teilnehmern waren im Jahr 2024 nur sechs Prozent zuversichtlich, dass die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. 18 Prozent erwarten eine Erhöhung auf zwei Grad über dem vorindustriellen Zeitalter, 35 Prozent um 2,5 Grad und 26 Prozent um drei Grad.

Die übrigen 16 Prozent waren noch pessimistischer. «Wir befinden uns bereits mitten in einem abrupten Klimaumbruch, der das Leben auf der Erde in einem Ausmass bedroht, wie es die Menschheit noch nie erlebt hat», mahnt Ripple laut einer Mitteilung seiner Universität.

Es gibt Lösungen

«In einer Welt mit endlichen Ressourcen ist unbegrenztes Wachstum eine gefährliche Illusion», schreiben die Forscher und schlagen Lösungen vor. Der rasche Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe könne zum Teil mit einem ausreichend hohen globalen Kohlenstoffpreis erreicht werden, «der die Emissionen der Wohlhabenden begrenzen und potenzielle Mittel für dringend benötigte Klimaschutz- und Anpassungsprogramme bereitstellen könnte.» Auch Methanemissionen sollten Geld kosten.

«Wir brauchen einen mutigen, transformativen Wandel: eine drastische Reduzierung des übermässigen Konsums und der Verschwendung, vor allem bei den Wohlhabenden», betonen die Forscher. Nötig sei auch eine Verminderung der Geburtenrate durch die Stärkung der Bildung und der Rechte von Mädchen und Frauen.

Weiter nennen sie die Förderung der pflanzenbasierten Ernährung und die Einführung einer ökologischen und nicht auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsweise, die soziale Gerechtigkeit gewährleistet. Ökosysteme müssten wiederhergestellt werden. «Die Zukunft der Menschheit hängt von unserer Kreativität, Moral und Beharrlichkeit ab», schreibt das Team.