Skepsis vor Emmanuel Macrons Bürgerdialog in Frankreich

Emmanuel Macron will einen Bürgerdialog durchführen. Es soll dabei keine «verbotenen Fragen» geben.

Der französische Präsident Emmanuel Macron lächelt vor einer Fernsehansprache. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Emmanuel Macron hat zu einem Bürgerdialog in Frankreich aufgerufen.
  • Kritiker sprechen von einem «Ablenkungsmanöver» und einer «Vernebelungstaktik».

Mit Skepsis haben viele Franzosen auf den Aufruf von Präsident Emmanuel Macron zu einem Bürgerdialog reagiert. Kritiker in den Reihen von «Gelbwesten» und Opposition sprachen am Montag von einem «Ablenkungsmanöver» und einer «Vernebelungstaktik».

Mit der am Dienstag beginnenden Debatte über Steuern, Einwanderung und direkte Demokratie will Macron die fast zweimonatigen Proteste eindämmen, die zur grössten Krise seiner Amtszeit geführt haben. Er wolle mit Hilfe der Bürger die «Wut in Lösungen verwandeln», schrieb der Präsident in einem sechsseitigen «Brief an die Franzosen».

Die «grosse nationale Debatte» soll vom 15. Januar bis zum 15. März in allen Gemeinden des Landes geführt werden und auch im Internet. Sie sei jedoch «weder eine Wahl noch ein Referendum», betonte der 41-jährige Staatschef.

Keine «verbotenen Fragen»

«Verbotene Fragen» gebe es bei dem Dialog nicht, betonte Macron. Allerdings hatte sein Sprecher zuvor Rote Linien formuliert. So könnten weder das Recht auf Asyl in Frage gestellt werden noch die Todesstrafe wieder eingeführt, und auch die teilweise Streichung der Vermögensteuer werde nicht zurückgenommen. Dies ist jedoch eine der Kernforderungen der «Gelbwesten»-Bewegung.

Für die Debatte gibt Macron vier grosse Themenbereiche vom Steuersystem bis zur direkten Demokratie vor, zu denen er 35 Leitfragen formulierte. Die Bürger sollen sich etwa zur Forderung der «Gelbwesten» äussern, mehr Volksabstimmungen zu organisieren.

Zudem fragt Macron, welche Steuern die Bürger zuerst senken würden und welche öffentlichen Dienstleistungen zur Finanzierung wegfallen könnten. Ausserdem fragt er, ob eine jährliche Obergrenze für Einwanderer gewünscht wird, wie sie die CSU in Deutschland gefordert hat.

Kritik aus Parteien und Bevölkerung

Aus den Reihen der «Gelbwesten» war von einem «Ablenkungsmanöver» die Rede. Wer an dem Bürgerdialog teilnehme, «unterwerfe» sich der Regierung, warnten Aktivisten in den sozialen Netzwerken. Laut einer Umfrage des Instituts Odexa wollen sich nur knapp ein Drittel der Franzosen beteiligen. 70 Prozent glauben nicht, dass die Debatte Verbesserungen bringt.

Die Partei der Rechtspopulistin Marine Le Pen warf Macron mit Blick auf die Europawahlen Ende Mai vor, nur «Zeit gewinnen» zu wollen. Ihr Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung) hatte am Sonntag den EU-Wahlkampf eingeläutet und liegt in den Umfragen vorn.

Die Linkspartei La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich) sprach von einer «Vernebelungstaktik». Auch Konservative und Sozialisten äusserten Skepsis.