Mariupoler Theater trotz Hinweis auf Kinder angegriffen

Die Schreckensnachrichten aus Mariupol reissen nicht ab. Nun soll ein Theater bombardiert worden sein, das Hunderte Zivilisten als Schutzraum nutzten - doch es gibt Hoffnung.

Dieses Satellitenbild zeigt das Schauspielhaus von Mariupol am Montag den 14. März – wenige Tage vor dem Bombenangriff im Ukraine-Krieg. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der stellvertretende Bürgermeister von Mariupol hat katastrophale Zustände in der von Russland belagerten ukrainischen Hafenstadt beschrieben.

Besonders dramatisch sei die mangelnde Wasserversorgung, sagte Serhij Orlow dem Magazin «Forbes Ukraine».

«Ein kleiner Teil der Menschen kann privat Wasser aus Brunnen entnehmen.» Da die Heizungen ohnehin nicht mehr funktionierten, nutzten manche aber auch das Wasser aus Heizungsrohren, um es zu trinken. «Manche sagen auch, dass sie es aus Pfützen nehmen. Als es Schnee gab, haben sie den geschmolzen.»

Orlow: Zivilisten werden gezielt attackiert

Sergij Orlow warf Russland vor, gezielt Zivilisten zu attackieren, um eine Kapitulation der Stadt zu erzwingen. Russland beteuert stets, nur militärische Ziele anzugreifen. Mariupol wird seit Tagen von russischen Truppen belagert und beschossen. Hilfskonvois kommen nach Angaben aus Kiew seit Tagen nicht bis in die Stadt am Asowschen Meer durch.

Für besonderes Entsetzen sorgte am Mittwochabend der Bericht über den Beschuss eines Theaters in Mariupol, in dem Hunderte Zivilisten Zuflucht gesucht haben sollen. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich. Nach Angaben eines Parlamentsabgeordneten vom Donnerstag soll der Luftschutzkeller des Gebäudes aber intakt geblieben sein.

Theater trotz Warnung vor Kindern gebombt

«Nach einer schrecklichen Nacht der Ungewissheit am Morgen des 22. Kriegstages endlich gute Nachrichten aus Mariupol! Der Luftschutzbunker hat standgehalten», schrieb Serhij Taruta am auf Facebook. Mit dem Entfernen der Trümmer sei begonnen worden. «Die Menschen kommen lebend heraus!»

Laut sind Aussagen iner Parlamentsabgeordneten sollen inzwischen rund 130 Zivilisten gerettet worden sein. Helfer seien damit beschäftigt, Trümmer zu entfernen und weitere Menschen zu befreien. «Es ist ein Wunder», schrieb Stefanyschyna auf Facebook.

Zuvor hatte bereits der ukrainische Abgeordnete Serhij Taruta erklärt, dass der Schutzraum der Zivilisten wider aller Befürchtungen nicht zerstört wurde. Das Gebäude war ukrainischen Angaben zufolge am Mittwoch angegriffen und weitgehend zerstört worden. Kiew und Moskau gaben sich gegenseitig die Schuld. Behördenangaben zufolge hatten zum Zeitpunkt des Angriffs mehr als 1000 Menschen im Theater Schutz gesucht.

Diese Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Offiziellen Angaben zufolge hatten zum Zeitpunkt des Angriffs mehr als 1000 Menschen in dem Theater Schutz gesucht.

Vor dem Angriff auf das Theater hat es dabei offenbar Warnungen gegeben, dass sich darin Kinder aufhalten sollen. Das zeigt ein Satellitenbild, das zwei Tage vor dem Angriff entstanden ist. Auf den Flächen vor und hinter dem Gebäude ist in grossen weissen Buchstaben das russische Wort «deti» («Kinder») zu lesen. Das Bild wurde vom US-Satellitenfotodienst Maxar verbreitet und ist dessen Angaben zufolge am 14. März aufgenommen worden - zwei Tage vor dem Angriff auf das Theater. Auch Fotos, die laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vom Tag vor dem Angriff stammen, zeigen die Aufschrift.

Evakuierungsversuche scheitern immer wieder

Mehrere Evakuierungsversuche der belagerten Stadt waren zuletzt gescheitert. Nach ukrainischen Angaben hatten aber in den vergangenen zwei Tagen Tausende Menschen die Stadt in rund 6500 Privatautos verlassen können.

Allerdings habe es keine Feuerpause gegeben, teilte Mariupols Bürgermeister Wadim Bojchenko in der Nacht zu Donnerstag über Telegram mit. Die Menschen seien daher unter Beschuss aus der Stadt gefahren. Vor Beginn des Krieges vor drei Wochen lebten rund 400.000 Menschen in Mariupol. Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk sagte am Donnerstag in einer Videobotschaft, von Saporischschja aus soll ein Tanklaster mit Kraftstoff für Privatautos nach Mariupol geschickt werden.