Windkraftbranche fordert mehr Tempo beim Offshore-Ausbau

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Ein ehrgeiziges Ziel, bei dem erneuerbare Energien eine zentrale - wenn nicht gar die entscheidende - Rolle spielen. Die Offshore-Windkraftbranche hat klare Vorstellungen. Wie realistisch ist deren Umsetzung?

Der Offshore-Windpark «Butendiek», etwa 30 Kilometer vor der Insel Sylt in der Nordsee. Foto: Daniel Reinhardt/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein deutlich schnellerer Ausbau der Windparks und ein Einstieg in die Wasserstoff-Produktion auf hoher See sind nach Überzeugung der Offshore-Branche unerlässlich für das Erreichen der Klimaziele.

Die neue Bundesregierung müsse das Tempo bei diesem Thema spürbar erhöhen, forderte der Vorstandschef des Windindustrie- und Wasserstoffverbandes WAB, Jens Assheuer, in Bremerhaven. «Wir müssen jetzt Gas geben, um die Ziele zu erreichen.»

Beim Ausbau der Offshore-Kapazitäten sei ein Zwischenziel von 35 Gigawatt (GW) installierter Leistung bis 2035 notwendig - zu dem zusätzlich der Bedarf an grünem Wasserstoff aus Windenergie auf See gerechnet werde müsse. Derzeit sind es rund 7,8 GW. Der Bund plant einen Offshore-Ausbau von 40 GW bis 2040. «Viel zu wenig», fanden neben Assheuer auch Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) und Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke).

«Wir wissen, dass das Potenzial bei mindestens 60 Gigawatt liegt. Und die werden wir brauchen, um die ehrgeizigen Ziele beim Klimaschutz zu erreichen», betonte Vogt zum Auftakt der Windforce Conference 2021 in Bremerhaven. An dem Branchentreffen nehmen bis zum Mittwoch rund 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft teil.

Die Offshore-Branche dringt auf rasche Genehmigungsverfahren für Flächen zur Wasserstoff-Herstellung direkt an den Windkraftanlagen. Nach der Produktion müsste der Wasserstoff dann per Schiff oder Pipeline an Land gebracht werden.

Für grünen Wasserstoff werden Wind, Sonne, Biomasse oder Wasserkraft als erneuerbare Energiequellen genutzt, um Wasser-Elektrolyse zu betreiben. Dabei wird Wasser (H2O) unter Strom gesetzt, wobei es sich in elementaren Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufspaltet. Wasserstoff lässt sich dann unter hohem Druck in Tanks speichern.

Lies warnte die potenziellen Koalitionspartner in Berlin, bei den erneuerbaren Energien jede Frage im «Klein-Klein» lösen zu wollen. Er schlug eine Kommission ähnlich der Kohlekommission vor. Die Frage sei, wie gesellschaftlich Akzeptiertes umgesetzt werde. Es müsse etwa festgelegt werden, wie viele Windkraftanlagen es an Land und auf See und wie viel Photovoltaik es geben solle. «Das muss einmal geklärt sein, und es muss am Ende ein Ergebnis kommen, das im Parlament festgehalten wird», sagte der SPD-Politiker.

In der vergangenen Woche war die Verordnung zur Vergabe von sonstigen Energiegewinnungsbereichen in der Ausschliesslichen Wirtschaftszone (AWZ) in Kraft getreten. Sie ebnet den Weg für erste Ausschreibungen 2022. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete die Herstellung von grünem Wasserstoff auf See zuletzt als «echtes Zukunftsthema mit hohem Innovationspotenzial». Es könne wichtige Beiträge zur Dekarbonisierung der deutschen Industrie leisten.

Bisher läuft die Elektrolyse zur Wasserstofferzeugung nur an Land. In den deutschen Bereichen von Nord- und Ostsee waren nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz im Küstenmeer und der AWZ vor gut einem Jahr 27 Offshore-Windparks mit 1501 Turbinen und 7,4 GW installierter Leistung am Netz. Aktuell sind es etwa 7,8 GW. Weitere Parks sind genehmigt. Die AWZ ist das Meeresgebiet seewärts des Küstenmeeres (12-Seemeilen-Zone) bis maximal zur 200-Seemeilen-Grenze.