Angela Merkels Rücktrittsankündigung eröffnet Kandidatenkarussell

Am Montag hat Merkel den Rücktritt aus der Parteispitze angekündigt. Diese Kandidaten zählen als aussichtsreiche Kandidaten aufs Präsidium und das Kanzleramt.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält die Hände während der Verleihung des Nationalen Integrationspreises im Bundeskanzleramt aneinander – die allseits bekannte Merkel-Raute. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Angela Merkel wird nicht mehr als CDU-Parteivorsitzende antreten.
  • Somit ist das Rennen um den Parteivorsitz und das Kanzleramt eröffnet.
  • Fraglich ist, ob sich die Kanzlerin bis Ende Legislaturperiode halten kann.

Es war eine überraschende Ankündigung, die Angela Merkel gestern Montag machte – gar fast historisch. Die Bundeskanzlerin werde nach über 18 Jahren nicht mehr für die Wahl zum Vorsitz der CDU antreten. Demnach kommt es am Parteitag im Dezember zu einer Rochade in der CDU-Parteispitze.

Ebenfalls verkündete die 64-Jährige, sie werde Ende der Legislaturperiode als Bundeskanzlerin zurücktreten. Heisst: Spätestens bei der Wahl des 20. Deutschen Bundestags Ende Oktober 2021 wird Deutschland über die Nachfolge von Merkel befinden.

Auslöser für Merkels Ankündigung war das schlechte Abschneiden ihrer Partei bei den Landtagswahlen in Hessen. Die CDU hatte am Wochenende – wie zwei Wochen zuvor Unionspartnerin CSU in Bayern – massiv an Wählerstimmen eingebüsst. Die Wähler dort hatten damit auch der Regierung in Berlin und der Kanzlerin einen Denkzettel verpasst. Dies hat Merkel offenbar veranlasst, schrittweise die Macht abgeben zu wollen, um sich langsam aus der Politik zu verabschieden.

Politikmüde?

Ob die Kanzlerin aus Politmüdigkeit ihren Rückzug angekündigt hat, ist schwierig zu sagen. Klar ist, Merkel war zuletzt auf dem weltpolitischen Parkett nicht mehr so aktiv und mit Elan aufgetreten, wie sie es noch vor wenigen Monaten tat. Sie gilt unter den europäischen Staatschefs bereits als «lame duck» – eine lahme Ente.

Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Vorsitzende der CDU, äussert sich bei einer Pressekonferenz nach den Sitzungen von Präsidium und Bundesvorstand der CDU im Konrad-Adenauer-Haus zur Landtagswahl in Hessen. - Keystone

Die langwierige Verhandlungen mit der SPD zur Regierungsbildung, das Inner-Unions-Geplänkel mit den ständigen Auseinandersetzung mit Unionspartner und Innenminister Horst Seehofer (CSU), aber auch die ewigen Diskussionen über die geeignete Flüchtlingspolitik für Deutschland haben Merkel im vergangenen Jahr enorm viel Kraft gekostet und sie als Bundeskanzlerin national als auch international geschwächt.

Ob sich dies mit ihrer Rücktrittsankündigung nun ändern wird, wird sich zeigen müssen. Gut möglich, kann sie sich mit diesem Manöver eine Verschnaufpause gönnen, wird die Partei nicht mehr mit der Personalie Merkel hadern, sondern sich nun um eine geeignete Nachfolge für die Parteivorsitzende kümmern müssen – eine Person also, welche die Partei wieder auf die Erfolgsspur bringen kann.

Druck auf Merkel wächst

Ob sich Merkel aber, nach dem Rücktritt aus der Parteileitung, bis zum Ende der Legislaturperiode als Bundeskanzlerin halten wird, ist fraglich. Der Druck auf die Kanzlerin wird bedeutend zunehmen. Sie selbst beurteilte bisher die Aufteilung von Parteipräsidium und Kanzleramt auf zwei Personen als ungeeignet.

2004 nannte sie etwa den Rücktritt von Gerhard Schröder vom Parteivorsitz der SPD ein «Autoritätsverlust auf ganzer Linie». Der Tag des Schröder-Rücktritts sei zugleich «der Anfang vom Ende von Kanzler Gerhard Schröder».

Schröder führte damals die Legislaturperiode nicht zu Ende – es kam zu vorgezogenen Bundestagswahlen. Nun könnte Merkel dasselbe Schicksal ereilen.

Diese Kandidaten stehen bereit

Gleich mehrere Personen haben sich bereits als Nachfolge für die CDU-Parteispitze ins Spiel gebracht. Allen voran der bei konservativen CDU-Politikern beliebte Friedrich Merz. Die einstige Kanzlerhoffnung hat als Erstes seinen Hut in den Ring geworfen. Jedoch ist der 62-Jährige seit Jahren nicht mehr in der Politik, weshalb ihm Aussenseiter-Chancen eingeräumt werden.

Aussichtsreicher sieht die Kandidatur von CDU-Generalsekretärin und Merkel-Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer aus. Die in CDU-Kreisen beliebte und gut vernetzte 56-Jährige politisiert mit ähnlichem Stil wie die Kanzlerin. Fraglich ist bei ihr, ob die Partei auf Kontinuität der Merkel-Politik setzen will.

Nach Kramp-Karrenbauer bekundete auch Gesundheitsminister Jens Spahn sein Interesse für den CDU-Vorsitz. Der 38-Jährige politisiert deutlich konservativer als Merkel. Er erhält darum besonders aus dem konservativen Flügel als auch bei den Jungen Union Unterstützung.

Aussichtsreicher Kandidat ist auch Armin Laschet. Der Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen – dem mit fast 18 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundesland – ist es 2017 überraschend gelungen, der SPD das Ministeramt wegzunehmen. Er steht für den Erfolg, der in letzter Zeit vermehrt erfolglosen CDU. Laschet hat seine Kandidatur noch nicht bestätigt.

Klar ist: Wer im Dezember das Rennen um den Parteivorsitz macht, hat aussichtsreiche Chancen, 2021 auch Bundeskanzler zu werden.