Basler Schüler beschimpfen Lehrerin auf Wandtafel als «Hu*e»

An einer Schule im Kleinbasel schmieren Kinder Hassbotschaften gegen ihre Lehrerin an die Wandtafel. Kein Einzelfall. Die Lehrkräfte stossen an ihre Grenzen.

Eine Lehrerin an einer Schule im Kleinbasel wird mit üblen Hassbotschaften an der Wandtafel eingedeckt. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Schule im Kanton Basel-Stadt gibt Einblicke in das «integrative Schulmodell».
  • Dabei stossen die Lehrkräfte oftmals an ihre Grenzen.
  • Eine Lehrerin wird am Geburtstag von ihrer Klasse mit üblen Hassbotschaften empfangen.

Seit 2011 sollen in der Schweiz möglichst alle Kinder in der öffentlichen Schule integriert werden. Kleinklassen, Sonderschulen oder Spezialangebote gibt es nicht mehr. Eine Vorreiterrolle nimmt beim «integrativen Schulmodell» der Kanton Basel-Stadt ein.

Während mehreren Wochen hat «SRF Reporter» den Schulalltag in den Schulhäusern Thomas Platter und Wettstein im Kleinbasel begleitet. Das Fazit: Beim Ziel, alle zu integrieren, stossen die Lehrkräfte oftmals an ihre Grenzen.

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Schockierend ist der Vorfall in der Klasse von Lehrerin Corina Büsch. Wüste Beleidigungen wie «du Hure», «Nazi» oder «fick dich» stehen eines Morgens auf der Wandtafel.

Auch ins Getränk habe man ihr gespuckt. Kommt hinzu: Büsch hat an diesem Tag sogar noch Geburtstag, wird von ihren Schülerinnen und Schülern am Morgen mit Konfetti und Geburi-Lied empfangen.

«Es schockiert mich, dass so etwas von einem 10-, 11-Jährigen kommt. Es ist extrem, wie Grenzen überschritten werden und die Kinder keine Hemmungen mehr haben», so Büsch. «Es zeigt mir, dass gewisse Kinder einfach nicht zurechtkommen.»

Sie könne den Vorfall allerdings gut einordnen. «Ich nehme es nicht persönlich. Das habe ich gelernt, sonst wäre mein Job etwas schwierig», meint die Lehrerin.

«Es wird immer mehr Kinder geben, die nicht mehr belastbar sind»

Ein Einzelfall? Nein. Auch die Lehrpersonen Sandra Maître und Markus Harzenmoser, die an der selben Schule arbeiten, kämpfen mit den gleichen Herausforderungen.

«Es ist eine sehr breite Schere: Von Kindern, die sehr lernschwach sind, bis zu Kindern, die Begabungsförderung haben», sagt Maître. Und: «Ich kann nicht alles abdecken. Ich möchte gerne für jedes Kind die passende Unterstützung geben. Aber das ist nicht machbar – es sind 18 Kinder.»

Oftmals muss sie die Schülerinnen und Schüler vom Pausenplatz abholen, weil die Konflikte im Schulhausgang sonst eskalieren. Auch das Fussballspielen auf dem Pausenplatz ist problematisch. Wenn die Kinder genervt sind, würden diese nicht einfach davonlaufen, sondern sich gegenseitig einen «aufs Dach» geben.

«Die Entwicklung wird weitergehen», glaubt Harzenmoser. «Es wird immer mehr Kinder geben, die nicht mehr belastbar sind – Eltern, die nicht mehr belastbar sind.»

Auch der administrative Aufwand habe für die Lehrpersonen stark zugenommen. Sitzungen ausserhalb der Schule, Gespräche, Koordination der Fördermassnahmen und Elternarbeit seien belastend.

Der Austausch untereinander sei deshalb sehr wichtig. Maître kann mittlerweile immerhin auf die Unterstützung einer Lehrer-Kollegin und eines Praktikanten zählen.

Änderung am Schulsystem braucht Zeit

Beim Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt ist man sich den Herausforderungen des «integrativen Schulmodells» bewusst. Der Kanton habe erste Massnahmen eingeleitet.

Erziehungsdirektor Conradin Cramer hält allerdings fest: «Wenn man am Schulsystem etwas verändert, macht man etwas, das Generationen beeinflussen kann. Deshalb muss dies sorgfältig gemacht werden. Das braucht Zeit.»