Gen-Z-Schüler kämpfen gegen den Sportunterricht
Eine Gruppe Jugendlicher will den Schulsport abschaffen – er sei «diskriminierend». Expertinnen und Experten halten nichts von der Forderung.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Tiktok kämpft «Schüler:innen gegen Sport» für einen Unterricht ohne Bewegung.
- Die Argumente: Sportunterricht sei traumatisierend, diskriminierend und Bodyshaming.
- Ein Experte sagt, Sport an sich habe nichts mit Diskriminierung zu tun.
Er sei traumatisierend, diskriminierend und beruhe auf «purem Bodyshaming»: der Sportunterricht. Eine Gruppe Jugendlicher will ihn deshalb verbieten.
«Schüler:innen gegen Sport», kurz SgS, ruft Kids auf Tiktok dazu auf, an ihrer Schule «Aktivismus» gegen das Fach zu starten.
Die Argumente: Viele würden das Fach uninteressant und unnötig finden, schreibt die SgS auf der Messaging-App Discord. Es «sollte keine Noten für durch Zwang ausgeführte Bewegungen geben.»
Besonders der Schwimmunterricht ist der Gruppe ein Dorn im Auge – sie bezeichnet ihn als «Zumutung». Kinder würden «mit Noten gezwungen, sich fast komplett nackt und zum Vergnügen des Lehrers oder der Lehrerin sportlich zu betätigen».
Alles in allem verderbe das den Jugendlichen die Lust auf Sport im Privatleben.
Experte hält nichts von Forderungen
Auf Tiktok erhält die Gruppe zwar Zuspruch von Usern, die selbst negative Erfahrungen mit Schulsport gemacht haben. Doch viele halten nichts von der Argumentation: «Man kann nicht einfach ein Fach streichen, nur weil manche es nicht können», meint einer.
Auch Jugendpsychologe Allan Guggenbühl kann mit der Forderung der Schülerinnen und Schüler nicht viel anfangen. «Körperliche Bewegung gehört zum Unterricht. Es geht um den Umgang mit dem Körper, mit eigenen Stärken und Schwächen», sagt er zu Nau.ch.
Die «pauschalen» Vorwürfe, dass der Sportunterricht diskriminierend und traumatisierend sei, stimmen ihm zufolge nicht.
«Es kann natürlich sein, dass ein Jugendlicher einen Sportunterricht erlebt und ihn ablehnt. Oder dass es zu einem Vorfall kommt, der traumatisierend ist.» Das könne einem jedoch bei jeder Tätigkeit passieren: «Kochen, Kino und so weiter.»
Vor allem Mädchen lehnen Sport ab
Beim Diskriminierungsvorwurf müsste man nachfragen, so Guggenbühl: «Wurde jemand aufgrund des Geschlechts, der Nationalität oder sonst einer generellen Eigenschaft ausgeschlossen?»
Sport an sich habe nichts mit Diskriminierung zu tun. Ein anderer Fall seien handicapierte Menschen: «Die sind aufgrund körperlicher Defizite ausgeschlossen. Sie sind diskriminiert – das ist jedoch nicht Absicht, sondern es geht meist gar nicht anders.»
Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, sagt zu den Forderungen: «Der Sportunterricht beinhaltet ja vieles. Nicht jede Disziplin ist gleich beliebt und nicht überall ist man gleich motiviert.»
Die SgS stammt aus Deutschland – ähnliche Forderungen aus der Schweiz sind weder Guggenbühl noch Rösler bekannt. Guggenbühl weiss aber: «Viele, tendenziell Mädchen, machen in der Vorpubertät und Pubertät nicht gerne Sport, lehnen ihn ab.»
Grundsätzlich sei der Sportunterricht sehr beliebt, betont Rösler. «Natürlich muss er so gestaltet werden, dass sich niemand blossgestellt oder diskriminiert fühlt.»