Noch keine Corona-Stabilität im Winter in Sicht

Schweizweit scheinen sich die Neuansteckungen des Coronavirus etwas zu stabilisieren. Doch ist noch keine Trendwende zu erkennen.

Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten beim BAG an einer Pressekonferenz. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Lage in der Schweiz ist nach wie vor kritisch.
  • Langsam aber sicher steigen die Hospitalisationen und Todesfälle.
  • Das BAG gibt immer noch keine Entwarnung: Es bräuchte zuerst eine Trendwende.

Das BAG und die Covid-Taskforce zeigen sich an der heutige Pressekonferenz vorsichtig optimistisch. Die Fallzahlen zeigen eine leichte Stabilität und Abflachung auf. Dennoch benötigen die Fachpersonen eine Trendwende (Senkung der Kurve), um eine erste Entwarnung auszusprechen.

Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse der Pressekonferenz:

– Die Reproduktionszahl ist immer noch über eins. Das oberste Ziel für Taskforce und BAG wäre es, diese unter eins zu bringen. Ob die jetzigen Massnahmen dafür ausreichen, sei noch zu früh, um zu beurteilen.

– Auch die guten Zwischenresultate der Impfung von Pfizer sind zwar eine gute Nachricht, aber kein Anlass zur Entspannung der Behörden. Es brauche mehr Daten zu diversen Faktoren, zum Beispiel Alter. Eine erste Impfung dürfte aber Mitte 2021 erwartet werden.

Der Corona-Impfstoff von Pfizer und Biontech soll einen 90-prozentigen Schutz vor dem Virus bieten. - Keystone

– Die Lage in Spitälern ist nach wie vor angespannt. Die Reserve an IPS-Betten beträgt (Stand heute Morgen) knapp 27 Prozent. Mittlerweile haben auf Intensivstationen Covid-Patienten nicht-Covid-Patienten überholt.

Hier können Sie das Protokoll der Pressekonferenz lesen:

14:08 Die Pressekonferenz ist fertig. Der nächste Point de Presse mit den Behörden wird am Donnerstag stattfinden.

14:04 Die Schweiz möchte etwa sechzig bis siebzig Prozent der Bevölkerung impfen, sagt Kuster. Je nachdem bräuchte es auch mehr als eine Impfung pro Person. Die genaue Anzahl von benötigten Impfdosen könnte so also nicht geschätzt werden.

13:59 Man könne sich erst optimistisch in Hinsicht auf die epidemiologische Lage zeigen, wenn eine Trendwende zu erkennen sei, so Kuster. Die Kurve müsse dafür wieder gegen unten zeigen. Auch die Reproduktionszahl müsse unter eins gebracht werden, ergänzt Hurst.

Wenn die Contact Tracing Dienste nicht mehr überfordert sei und optimal funktionieren könne, könne man wieder optimistisch sein, führt sie weiter aus.

13:55 Das Contact Tracing wird in Basel-Land stark eingeschränkt. Ob das genüge, wird gefragt.

Contact-Tracer arbeiten im Contact-Tracing-Zentrum des Kantons Bern. - Keystone

Das Ziel sei es, das Contact Tracing wieder auf ein Niveau zu bringen, wo es noch effektiver sei, antwortet Kuster. Doch im Moment würden die vorhandenen Ressourcen möglichst optimal von den Kantonen genutzt.

In Basel-Stadt werde das Contact Tracing wieder aufgebaut, fügt Steffen hinzu. Doch es bedeute viel Aufwand, vor allem bei der Schulung des Personals.

13:49 Hat der Bund schon eine Impfstrategie für eine Covid-Impfung? Die Strategie hänge letztlich vom Impfstoff ab, der der Schweiz zur Verfügung stünde. Man prüfe jedes Szenario, sagt Kuster. Die Logistik müsse auf den Impfstoff angepasst sein, zum Beispiel genügend Kühlschränke.

13:44 Erste Resultate für die Impfdosen, die die Schweiz schon bestellt hat, seien nächstens zu erwarten. «Die Studien gehen schneller, wenn die Inzidenz im Land, wo die Versuchspersonen wohnen, hoch ist», sagt Samia Hurst.

Eine Person mit einer Spritze gegen das Coronavirus. (Symbolbild) - dpa

Wenn erste Studienresultate veröffentlicht würden, könnte man auch ein konkreteres Datum für die Erhaltung einer Impfung bekannt geben. Bisher stünden nur Zwischenresultate zur Verfügung. Es sei aber aus Sicht der Taskforce realistisch, eine Impfung gegen Mitte 2021 zu erwarten.

13:42 Ist die Schweiz im Gespräch mit Pfizer für Impfdosen? Der Bund sei mit verschiedenen Herstellern in Kontakt, antwortet Kuster. Genauer geht er nicht darauf ein.

13:38 Boris Zürcher vom SECO fasst die Lage in der Arbeitswelt zusammen. Es sei gesetzlich verankert, dass Arbeitgeber ein Schutzkonzept vorzeigen müssten. Dies in der Covid-19 Verordnung.

Nach wie vor empfehle der Bund das Homeoffice, um Kontakte zu vermeiden. Auch sei eine Maske in Innenräumen zu tragen.

13:34 Die Reserve der Intensivbetten beträgt heute 28,6 Prozent, sagt Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst. Auf den IPS haben mittlerweile die Covid-Patienten die Nicht-Covid-Patienten überholt. Auf Akutstationen sind 18,4 Prozent Covid-Patienten.

Eine Intensivstation in Neuenburg: Hier werden Patienten mit einem schweren Verlauf des Coronavirus behandelt. - Keystone

Über das Wochenende wurden 35 Patienten aus der Westschweiz in den Rest der Schweiz verlegt. Zusätzlich wurden 15 Patienten national verlegt.

13:32 Steffen spricht auch über die psychische Belastung der Krise: «Schauen Sie auf sich, schauen Sie auf andere. Schaffen Sie sich Ruhe.»

13:24 Der Stadt-Basler Kantonsarzt Thomas Steffen ergreift das Wort. Man sehe die ersten Wirkungen der Massnahmen. Aber die Bemühungen seien noch nicht ausreichend, um die Fallzahlen tief genug zu halten. Dies würde dann nicht zu einer Stabilisierung im Winter führen, so Steffen.

Thomas Steffen, Kantonsarzt Basel-Stadt. - Keystone

Steffen wiederholt die geltenden Hygienemassnahmen. Er unterstreicht aber, dass die Distanz nach wie vor eine der besten schützenden Massnahmen sei.

13:19 Samia Hurst von der Taskforce spricht über die Resultate der Pfizer-Impfung. Die Resultate geben zwar Hoffnung, doch brauche es mehr Daten für unterschiedliche Altersgruppen und Krankheitsverläufe.

Auch seien die Kapazitäten der IPS fast erschöpft. Die Verdopplungszeit der Einweisungen in die IPS betrüge im Moment zehn Tage.

13:16 «Es braucht das Verständnis von allen», fährt Germann fort. Das EBGB appelliere an Geschäfte, Schulen und der Bevölkerung, Menschen mit Behinderungen entgegen zu kommen.

13:10 Nun spricht Urs Germann vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB. Germann sagt, die Maskenpflicht sei für Menschen mit Behinderungen unter Umständen schwierig.

Coronavirus: Der öffentliche Verkehr ist einer der wenigen Orte, wo noch immer eine Maske getragen werden muss. - Keystone

Gewisse Menschen könnten aus gesundheitlichen Gründen oder als Folge ihrer Behinderung keine Maske anziehen, so zum Beispiel Menschen mit Autismus. Laut Germann hätten sich viele Personen beklagt, dass sie aus Geschäften oder Restaurants ausgewiesen wurden, obwohl sie ein ärztliches Attest hatten.

Auch Menschen mit Gehörproblemen hätten mit der Maskenpflicht zu kämpfen. Oft seien diese auf Lippenlesen angewiesen, um ihr Gegenüber verstehen zu können. Doch es gebe dafür Lösungen: Transparente Masken und genügend Distanz.

13:09 «Insgesamt sind wir in der Lageeinschätzung vorsichtig optimistisch», Kuster. Er wiederholt das BAG-Mantra: Bei Symptomen isolieren, selber Kontakte nachverfolgen, testen lassen.

13:00 Stefan Kuster präsentiert die epidemiologische Lage. Heute meldete das BAG 5980 neue Coronainfektionen und 107 Todesfälle. Die Positivitätsrate betrug 26,1 Prozent, 243 Menschen wurden neu hospitalisiert.

Die 14-Tages-Inzidenz ist leicht gestiegen und beträgt heute 1166. Die Anzahl laborbestätigten Fälle deuten auf eine Abflachung bis Stabilisierung.

Die Schnelltests: Im Schnitt wurden in den letzten Tagen rund 100 solche Tests durchgeführt, Tendenz steigend. Bestellt und geliefert würden die Tests laufend und in grossen Mengen.

Stefan Kuster, Leiter Abteilung übertragbare Krankheiten beim BAG, zeigte sich am Dienstag vor den Medien «vorsichtig optimistisch». (Archivbild) - sda - Keystone/PETER KLAUNZER

Die Lage sei nach wie vor im Angesicht des Drucks auf das Gesundheitssystem besorgniserregend. Kuster fügt hinzu, es sei zu früh, um die Wirkung der vom Bundesrat am 28. Oktober erlassenen Massnahmen einschätzen zu können.

Die Reproduktionszahl ist immer noch nicht unter eins, was das Ziel des BAG ist. Wäre diese unter eins, hätte man die Pandemie einigermassen im Griff.

Die Situation bisher

Letzte Woche liess sich ebenfalls eine leichte Stabilisierung der Neuansteckungen erkennen. Das BAG gibt damit aber noch keine Entwarnung. Die IPS (Intensivpflegestationen) würden in mehreren Kantonen an ihre Grenzen stossen.

Die Pressekonferenz am 6. November 2020. In der Mitte Anne Lévy (BAG), rechts Stefan Kuster (BAG), zweiter v. l. Thomas Steffen, Kantonsarzt Basel-Stadt und Martin Ackermann (Taskforce), li - Keystone

So zum Beispiel in Genf und in der Waadt: Dort wurde die Armee zur Unterstützung aufgeboten. Auch lassen mehrere Spitäler ihre Patienten in weniger belastete Kantone verlegen. Diese Koordination wurde letzte Woche mithilfe der Rega organisiert und erstmals durchgeführt.

Folgende Fachleute nahmen heute teil:

– Urs Germann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB

– Samia Hurst, Vice-présidente, National COVID-19 Science Task Force

– Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten, Bundesamt für Gesundheit BAG

– Yvon Langel, Divisionnaire, Commandant division territoriale 1, Armée suisse

– Thomas Steffen, Kantonsarzt Basel-Stadt, Vorstandsmitglied der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte

– Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD)

– Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit, SECO